Revolution auf dem Bildungsmarkt

Vergangene Woche hat der indische Ministerrat den Gesetzesentwurf zur vollständigen Öffnung des universitären Bildungsbereichs verabschiedet. Dieser erlaubt es nun auch ausländischen Universitäten Diplome und Zeugnisse zu vergeben, die staatlich anerkannt werden. Schon bisher waren ausländische Direktinvestoren im Bildungsbereich möglich, auch ohne indischen Partner. Nun sind aber die letzten Hindernisse für einen freien Wettbewerb ausgeräumt.

Auf diesen Moment haben die amerikanischen und britischen Privatuniversitäten schon lange gewartet – sie wittern das Geschäft ihres Lebens.

Seit gut zehn Jahren werben internationale Privatuniversitäten aus UK, USA, Australien, Neuseeland und andere massiv um indische Studenten. „Study abroad“ prangt es auf tausenden Werbetafeln und in jeder Zeitung. Das ist schon jetzt ein gutes Geschäft für die ausländischen Universitäten, denn die Studiengebühren liegen bei etwa 10.000 Euro pro Semester, Lebenshaltungskosten sind da natürlich noch nicht dabei. Aber auch für die Vermittlungsagenturen in Indien ist das ein lukratives Geschäft, die erhalten nämlich fette Provision von den Studenten und den Unis.

Gute Ausbildung kostet nun mal
. Indische Eltern investieren sehr viel Geld in das Studium ihrer Kinder. Finanziert wird das meist mit einem „Educational Loan“. Das Investment soll sich aber natürlich rechnen.: entweder durch einen gut bezahlten Job (im Ausland) oder auch durch die eigene Hochzeit. Ein internationaler MBA Absolvent kann mit einer entsprechend höheren Mitgift rechnen als jemand mit einer niedrigeren Ausbildung. Das mag für uns skurril klingen, spielt aber oft eine große Rolle.

Nun rittern ausländische Universitäten selbst um ihre Studenten für ihren indischen Campus. Diese schießen derzeit in allen indischen Metropolen aus dem Boden. Experten sprechen von einer höheren Marktdynamik als nach der Liberalisierung der Telekommunikationsbranche.

Bildung ist in Indien ein wichtiger Wert. Gepaart mit ausgeprägtem Statusdenken führt das zu „Bildungs-Hype“ und „Mega-Business“. Je renommierter und teurer das Studium, desto besser.

Indien ist diesbezüglich sehr stark anglo-amerikanisch geprägt, im Gegensatz zu Mitteleuropa, wo universitäre Bildung als öffentliche Sache betrachtet wird, inklusive freiem Hochschulzugang und Finanzierung durch den Staat. Mitteleuropäische Universitäten verstehen sich meist nicht als Unternehmer und aktive Marktteilnehmer auf der Jagd nach den besten (leider auch oft reichsten) Köpfen.

Daher wird die Post in Indien wohl eher ohne heimische Universitäten abgehen. Für private Bildungseinrichtungen gibt es trotzdem beträchtliche Potentiale, insbesondere in Nischenbereichen wie Tourismus oder speziellen technischen Berufen. Erfolgsfaktoren sind an den Markt angepasste Bildungsangebote, eine funktionierende Preisstrategie („Premiumangebote zu Höchstpreisen“ oder „Massenprodukt zu Kampfpreisen“), ein hervorragendes Image & Branding, in Indien anerkannte Zertifikate sowie Internationalität – zum Beispiel durch kurze Auslandsaufenthalte, Praktika oder internationale Lehrkörper.

(Wolfgang Bergthaler)

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