Indien hat keine 100 Millionen Internet-Benutzer, die meisten davon ohne eigenen Anschluss. Damit surft nicht mal jeder zehnte Inder im Netz. Und es gibt nur etwas mehr als zehn Millionen Breitbandverbindungen – ein Zeichen für die schlechte Infrastruktur, für die Indien weltweit bekannt ist. Nach dem Motto „even if I come late, I come with the latest“ übertrifft nach den ersten sechs Monate der Einführung von UMTS (3G) die Anzahl der 3G-Verbindungen schon jene der fixen Breitbandanschlüsse. Das Wachstum entwickelt sich sehr gut, auch wenn Netzabdeckung und Datenraten zu wünschen übrig lassen und die Datentarife noch weit davon entfernt sind für die breite Masse erschwinglich zu sein.
Breitband ist (in Zukunft) in Indien mobil!
In den kommenden drei Jahren wird das mobile Internet und die günstigen Android-basierten Smartphones den Markt und die Gesellschaft transformieren. Indische Hersteller wie Micromax bieten bereits Endgeräte unter 100 Dollar an. Da das Handy quer durch alle Schichten als Statussymbol gilt, kann man davon ausgehen, dass die Anzahl der Smartphone-User ungeahnte Dimensionen erreichen wird. 3G in Kombination mit Indien-relevanten Apps und Mobile Payment wird in Indien ein neues Zeitalter für Information, Kommunikation und Business einleuten.
Digital devide: Der weite Weg zur Informationsgesellschaft
So rosig die Zukunft aussieht, heute gibt es noch eine Zweiklassen-Gesellschaft, marktiert durch die “digital divide”. Der Großteil der Handy-Benutzer in Indien gehört zur so genannten „Base of the pyramide“, hunderten Millionen Menschen in den Dörfern beziehungsweise Slums, mit geringem Bildungsgrad (hohe Analphabetenrate) und ohne Zugang zu relevanter Informationen in ihrer Muttersprache
. Nur 10% der 700+ Millionen Mobilfunknutzer beherrschen Englisch beziehungsweise das lateinische Alphabet. Damit sind sie alle weitgehend von Informations- & Unterhaltungsservices ausgeschlossen, weil die Informationen nur auf Englisch verfügbar sind beziehungsweise auf den Endgeräten nur in lateinischen Buchstaben darstellt werden können. Damit sind sogar SMS-Dienste für die meisten Benutzer nutzlos.
Aber gerade für die Armen (Base of the pyramid) stellt das Handy potentiell den größten Nutzen dar. Das Mobiltelefon ist nicht nur nützliches Kommunikationsmittel, um ihre sozialen (Verbindung zu Familie und Verwandten) und wirtschaftlichen (Kleinstunternehmer im informellen Sektor) Bedürfnisse zu erfüllen (Einkommensverteilung), sondern auch ein Fenster zur Welt der Information, Unterhaltung und Zugang zu Bildung. Das Mobiltelefon eröffnet ungeahnte Möglichkeiten abseits der Sprachtelefonie – nämlich den Zugang zu den jeweiligen Lebensumstände entsprechenden Informationen, zum Beispiel in Form von einfachen SMS-Diensten oder einfachen Apps in Hindi, Tamil, Telugu, Marathi und den dutzend regionalen Sprachen. Für BoP-Kunden besonders relevant sind Informationen zu Beschaffungsmärkten, Absatzmärkten, Gesundheitsinformation, Wetterbericht; Nützliches zu Ackerbau und Viehzucht; als auch Radio-Novelas zu Demokratie, Politik, Menschenrechte, Umweltschutz und natürlich Unterhaltung-Angebote wie Bollywood.
Reverie bringt ein dutzend indische Schriften auf allen Mobiltelefone
In den Regionalsprachen ist das heute noch nicht möglich, weil die Endgeräte die Schriften nicht darstellen und verarbeiten können. Reverie Language Technologies Pvt Ltd, eines meiner Lieblingsstartups aus Bangalore, nimmt sich diesem Problem an und hat eine Plattform entwickelt, die es ermöglicht, dass man sämtliche indische Schriften auf allen Endgeräten darstellen und benutzerfreundlich eingeben kann. Damit kann man SMS in jeder beliebigen Sprache verschicken, empfangen oder Apps in jeder beliebigen Sprache entwickeln.
Sobald Reverie’s Lösung auf dem Handy installiert ist, ist die “digital devide” überwunden. Dann eröffnet sich ein Milliardenmarkt an Anwendungen, Apps und Use-Cases für Informations- und Kommunikationsservices. Technologie als Enabler für soziale Entwicklung. I love this Innovation!
(Wolfgang Bergthaler)
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