Raus aus der Krise durch globale Armutsbekämpfung!

Sind wir uns doch ehrlich: Die Wohlfahrtstaaten Europas sind in einem Teufels- (oder besser Schulden-) kreis gefangen. Wir können unseren derzeitigen Wohlstand nur durch ein Wirtschaftswachstum von mindestens 2% jährlich halten. Eine Stagnation oder gar eine Rezession wie jetzt bringt die gesamte Volkswirtschaft in massive Probleme
. Ein konstant hohes Wachstum einer Volkswirtschaft kann bei uns aber nicht (mehr) über natürliche Weise (Effizienzsteigerung, Bevölkerungszuwachs) erzielt werden. Unsere Unternehmen bedienen gesättigte Märkte mit einem Überangebot an vergleichbaren Produkten. Um in diesen Märkten zu überleben werden Milliarden von Euros in Werbung & Marketing investiert, um am Ende des Tages einen noch größeren Flachbildfernseher zu verkaufen.

Die westliche Welt (sowie die Oberschicht in den Entwicklungsländern) ist mit Produkten und Dienstleistungen gesättigt, daher ist auch kein nachhaltiges Wachstum am „oberen Ende der Wohlstandspyramide“ mehr möglich. Der globale Wohlstand (basierenden auf dem Einkommen) lässt sich gut als Pyramide darstellen. An der Spitze stehen die Reichen, im weitesten Sinne aus den Ländern der „westlichen“ Welt. Vier Milliarden Menschen bilden den Sockel der Pyramide. Ihr tägliches Einkommen beträgt weniger als 2 US-Dollar, mit denen sie ihr Leben bestreiten müssen. Diese Personen haben durch ungünstige Voraussetzungen nicht die Möglichkeit, (mehr) Einkommen zu generieren.

Social Enterprises als Lösung

„Wenn wir aufhören, die Armen als Opfer oder als gesellschaftliche Belastung zu sehen und stattdessen erkennen, dass sie flexible und kreative Unternehmer und preisbewusste Konsumenten sind, eröffnet sich plötzlich eine völlig neue Welt der Möglichkeiten.“ So beginnt C K Prahalad sein Buch „der Reichtum der Dritten Welt“, der sich um das Thema „Social Entrepreneurship“ annimmt.

Unter Social Entrepreneurship (SE) versteht er ein Unternehmerisches Unterfangen, das darauf abzielt ein soziales Problem zu lösen und nicht den Profit zu maximieren. Im Gegensatz zu NGOs sind Social Enterprises (so heißen Firmen, die SE als Geschäftsmodell verfolgen) nachhaltig und sehen die Nutznießer Ihrer Leistungen als Kunden und nicht als Almosenempfänger.

Social Enterprises finden sich insbesondere in den Bereichen Bereich Umweltschutz, Landwirtschaft, Bildung, Telekommunikation, Gesundheitsleistungen und Konsumgüter.

Um globales Wachstum und Wohlstand zu generieren sollten Unternehmer diesen Sockel der Pyramide (BoP = Bottom of the Pyramid) mal genauer betrachten. Wenn man es schafft diesen Markt mit Produkten und Dienstleistungen zu versorgen, die die Kundenbedürfnisse erfüllen aber auch Gewinn für den Unternehmer abwerfen, ist man auch im 21. Jahrhundert angekommen.

Es gibt eine Menge an Vorurteilen gegenüber diesen Konsumenten und Märkten, die aber nicht mehr länger haltbar sind:

  • Entgegen allen Vermutungen ist die Kaufkraft in BoP Märkten riesig. Immerhin sprechen wir von 4 Milliarden Menschen mit ähnlichen Grundbedürfnissen (etwa Ernährung, Hygiene, Bildung, Kommunikation, Kleinstkredite).

  • Bisher konnten sich die Armen die angeboten Produkte nicht leisten. In Wahrheit ist aber die Kostenstruktur der Unternehmen das Problem. Die Vertriebskonzepte sind veraltet und ineffizient; das meiste Geld wird für Marketing in gesättigten Märkten investiert oder versickert irgendwo entlang der Wertschöpfungskette. Die meiste Produktmerkmale finden keine Verwendung und die Kunden sind nicht bereit dafür zu bezahlen.

  • Auch die anderen Annahmen der Wirtschaft erweisen sich als nicht haltbar: Die Armen können und wollen nicht mit neuen Technologien umgehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Armen haben weniger Berührungsängste mit neuen Technologien (sie konnten sich nie an die „alten“ gewöhnen; unter anderem gibt es in Indien jeden Monat 12 Millionen neue Mobilfunkkunden, die meisten davon von BoP Märkten)

  • Zu guter Letzt haben die westlichen Unternehmen die Arroganz zu behaupten (oder zumindest zu glauben) dass alle Innovation aus der westlichen Welt kommen – das Gegenteil ist der Fall: Fast alle Produkte für BoP kommen aus den Entwicklungsländern selbst. Wir werden in diesem Medium immer wieder einzigartige Produkte vorstellen, die in Indien entwickelt wurden und dort auf eine gewaltige Nachfrage treffen, somit soziale Problem lösen und gleichzeitig für den Anbieter einen Gewinn generieren.

Bekannte Beispiele von SE sind im Bereich der Finanzdienstleistungen zu finden: unter dem Namen „Micro Finance“. Seit Muhammad Yunus, Gründer der Grameen Foundation, 2006 den Friedensnobelpreis für sein Konzept des Micro Finance bekommen hat wurde dieses System einer größeren Masse bekannt. Weitere Beispiele sind in der Telekommunikation (günstigste Handys & Mobilfunktarife für die Armen), Gesundheitswesen (Augenoperation zu einem Bruchteil der Kosten), Hygieneartikel (Kleinstpackungen Seife/Shampoo zum Preis von 1-2 Cent) zu finden. All das ist nur durch ausgeklügelte Vertriebskonzepte, intelligente Produkte (meist intelligenter als europäische) und radikal verkürzte Wertschöpfungsketten möglich.

Es lohnt sich auch für europäische Unternehmen, auch mal einen Blick auf BoP-Märkte zu werfen. Nur ganz wenige sehen bis jetzt die unglaublichen Chancen, die sich bieten. Aber um in diesen Märkten reüssieren zu können bedarf es vorher eines absoluten Paradigmenwechsels in Bezug auf Nachhaltigkeit, Kundenbedürfnisse der Armen und wirkliche Innovationskraft. Auf diesen Märkten entscheidet sich die nächsten Schlacht. Indien ist Europa bereits meilenweit voraus. (Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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