Wolfgang am "Jaaga as it is"

Bombay to Bangalore – und bald wieder zurück

Acht Tage lang schwitzten wir jede einzelne Minute in Bombay und versuchten bei 33 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit auch nur irgend etwas zu arbeiten. Mehr als ein Artikel pro Tag war bei besten Willen aber nicht drin. Zu viel Schweiß und zu viele Kilometer durch den Großstadt-Dschungel raubten uns die Energie. Nur die mondäne Atmosphäre von diversen Fünf-Sterne-Hotels inklusive Ball-Room mit Tiefkühlfunktion hielt uns am Leben. Dafür mussten wir mehr oder weniger interessanten Vorträgen zum Thema Cloud Computing und Entrepreneurship lauschen.

Konferenz-Tourismus & Hardcore-Networking in Indien

Konferenzen in Indien sind auch nicht anders als in Österreich/Deutschland, außer dass jeder Redner mit einer Auszeichnung gewürdigt wird. Richtig stressig ist nur das „indische Netzwerken“. Während man sich in Mitteleuropa um einen Visitenkarten-Austausch bemühen muss und seine Karte auch nur hergibt, wenn man ein nettes interessantes Gespräch mit seinem/seiner Gegenüber geführt hat, gleicht das Procedere in Indien einem Aufschlag-Volley-Match. Normalerweise hält einem der erste beste Nachbar am Buffet ungefragt seine Business Card ins Gesicht und gibt seinen Elevator-Pitch zum Besten. Der etwas defensivere Netzwerker folgt dem dreistufigen Kommunikationsmodell:

  1. Hello, my name is …
  2. Where do you come from?
  3. Can I have your card?

So lernt man während eines Nachmittags gut und gerne hundert Leute kennen und hat gar keine andere Wahl als ebenso viele seiner eigenen Karten auszuteilen
. Man kann nun davon ausgehen, dass man in den kommenden Tagen mindestens 50 Akquise-Schreiben in seinem Postfach hat. In Indien zählt halt noch das gute alte „hard selling“.

Neben Conferencing haben wir unsere Zeit in Bombay sehr genossen, viele alte bekannte Gesichter (aus Wien) getroffen und im HUB Bombay gearbeitet, einem Co-Working Space in Bandra, der uns auch im Dezember wieder Heimat sein wird.

9 Stunden Verspätung

Trotz Hitze wollten wir noch länger in Mumbai bleiben, doch wir hatten für Dienstag Abend ein bestätigtes Zug-Ticket nach Bangalore. Also checkten wir aus unserem mittlerweile lieb gewonnen Hotel im Vorort Khar aus um uns in einem „Sauna-Taxi“ mit eingebauter Couch eineinhalb Stunden quer durch die Abgashölle zum wahrscheinlich hässlichsten Bahnhof der Welt, nach Lokmanya Tilak, zu fahren. Dort mussten wir erfahren, dass unser Zug nicht wie geplant um 22:35 abfährt, sondern erst um 8 Uhr morgens. WTF, wir checkten uns nochmals ein Hotel in Bahnhofsnähe und traten neun Stunden später unsere Reise an. Mein Kollege Stefan hat seine Eindrücke auch nochmals für seinen Blog verarbeitet – Prädikat besonders unterhaltend: http://stefanmey.com/wordpress/lang/de/2011/10/19/bye-bye-neo-imperialismus

Nach 24 Stunden und wenig Schlaf kamen wir schlussendlich in Bangalore an, wo uns am Morgen eine kühle Brise (20 Grad) erwartete. Endlich wieder angenehme Temperaturen! Nach dem obligatorischen Stress mit den unverschämten Riksha-Fahrern kamen wir gegen 9 Uhr zu unserer neuen Unterkunft. Wir wohnen am neuen Creative-Common-Ground & Co-Working Space Jaaga. Wenn der Straßenlärm nicht wäre, wäre es fast wie im Urlaub. Hier entsteht auf einem kleinen Campus ein Open Space (im wahrsten Sinne des Wortes) für digitale Kunst und Tech-Start-ups. Neben Co-Working gibt es hier auch Co-Living, und wir sind quasi die ersten Residents hier. Bis jetzt sind noch keine Entrepreneure und Künstler hier zu sehen, im November soll es hier aber voll losgehen. Derzeit genießen wir alleine unseren eigenen Campus und richten uns ein: Trinkwasser, Gundausstattung für Bad und Küche sowie Wäsche waschen.

Modell "Jaaga to be"
Modell "Jaaga to be"

So sitzen wir auf unserer Terrasse und arbeiten mit unseren Laptops, bei erträglichen Temperaturen, aber mit Gedanken in Bombay. Außer Start-Ups zu treffen und zu arbeiten gibt es hier nicht viel zu tun. Daher haben wir uns entschieden nur drei Wochen hier zu bleiben. Immerhin habe ich schon Juli und August hier verbracht und alles gemacht was man hier machen könnte.

Nach Bombay tauschen wir nun für drei Wochen:

  • das urbanes Leben einer globalen Metropole gegen das Freizeitangebot einer Kleinstadt Wolfgang am "Jaaga as it is"
  • effiziente und günstige Schnellbahn bis 1 Uhr morgens gegen Rikshas zu Wucherpreisen
  • heiß-schwül gegen heiß-staubig
  • Fladenbrot gegen Reis
  • Teures 3-Stern Hotel gegen eigenen Co-Working Campus
  • Lifestyle gegen Stubenhocken
  • Geld gegen Innovation
  • teure Bars gegen fade Bars

Und allzu lang wird es uns wohl nicht hier halten: Schon Mitte November wollen wir uns nach Delhi aufmachen, um auch dort vor Ort über Wirtschaft und Innovation zu berichten.

(Kommentar und Reisebericht von Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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