Die gute Nachricht zuerst: Indien kriegt seine Inflation langsam in den Griff. Im Jänner sank die Teuerung auf das niedrigste Level seit über zwei Jahren, im Vergleich zum gleichen Monat des Vorjahres stiegen die Preise um nur 6,55 Prozent; im Dezember waren es noch 7,47 Prozent gewesen, von Dezember 2010 bis November 2011 war die Inflation nie unter neun Prozent gelegen.
Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung in den kommenden Monaten. Denn die schlechte Nachricht lautet, dass unter der permanenten Zinssteigerung zwecks Eindämmung der Inflation die industrielle Produktion und somit auch die Steigerung des BIP gelitten haben – nachdem der Leitzins von März bis Oktober 2011 um 3,75 Prozentpunkte auf 8,5 Prozent angehoben worden war, wurde Kapital zu teuer, Investitionen wurden eingestellt. Nun wird die Wirtschaft bis März diesen Jahres aktuellen Prognosen zufolge nur noch 6,9 Prozent wachsen
. Das klingt nach viel im Vergleich zu mitteleuropäischen Volkswirtschaften, ist aber der niedrigste Wert seit der Krise 2008/2009 und weit entfernt von einem zweistelligen Wachstum, von dem die größte Demokratie der Welt stets träumt.
Entsprechend hofft Indiens Wirtschaft auf eine Zinssenkung; und diese könnte früher passieren als erwartet: Finanzminister Pranab Mukherjee wird am 16. März das Budget für das kommende Jahr präsentieren, nur einen Tag nach dem nächsten Meeting der indischen Zentralbank RBI – und seine Partei, die Congress Party, ist unter Druck, das Wachstum zu pushen, nachdem Korruptionsvorwürfe und Proteste den Gesetzgebungsprozess in den vergangenen Monaten extrem gehemmt hatten.
Gute Aussichten
Entsprechend sind Aussichten rosig, die Sanjiv Duggal, Manager des Fonds HSBC GIF Indian Equity, für Indien hat: „Wir halten an unserer Ansicht fest, dass die Inflation ihr Maximum von zehn Prozent 2011 in diesem Jahr um die Hälfte reduzieren wird“, schreibt er in einem Paper – die letzten verfügbaren Zahlen würden diese Prognose stützen, und nun verschiebe sich der Fokus wieder in Richtung Wachstum.
Im ersten Quartal 2012 stehen einige wichtige Regionalwahlen in Indien an. Duggal erwartet, dass sich die Regierung nach den Wahlen handlungsfreudiger zeigt und wichtige Projekte auf den Weg bringt. Bereits seit Januar erlaubt die indische Regierung ausländischen Investoren eine 100-prozentige Beteiligung im Single Brand Retail: Ausländische Unternehmen dürfen in Markengeschäften ihre eigenen Produkte an den Endverbraucher verkaufen, ohne einen indischen Geschäftspartner einzubringen. Zudem dürfen ausländische Investoren nun auch Aktien direkt an den indischen Börsen erwerben.
Wo investieren?
Die Bewertungen an der Börse Mumbai haben nach der Januar-Rallye in Höhe von zehn Prozent nachgelassen, bleiben laut Duggal aber dennoch attraktiv. Als interessanten Titel sieht er Indiens größten Autohersteller, Maruti Suzuki, der rund die Hälfte aller Autos in Indien verkauft; Zinskürzungen werden den Absatz ankurbeln, da rund zwei Drittel aller Autos in Indien auf Kredit gekauft werden. Das Unternehmen HCL Technologies sieht er als bevorzugten Anbieter auf dem IT-Markt, mit vergleichsweise überdurchschnittlichen Ertragszuwächsen und einer attraktiven Bepreisung. Die State Bank of India als größte Bank Indiens sollte von der Zinskürzung und weiteren geldpolitischen Lockerungen in diesem Jahr profitieren.
Allerdings sollten sich Investoren bewusst sein, dass ein Investment in den indischen Markt mit bestimmten Risiken – politische Veränderungen, staatliche Regulierungen, gesellschaftliche Instabilität, globale wirtschaftliche Entwicklungen, diplomatische Risiken, Sektorenrisiko – verbunden ist. Zudem sind Investitionen in Aktien aus Schwellenländern mit erhöhten Kursrisiken verbunden, da Aktien aus Schwellenländern eine höhere Volatilität aufweisen als Aktien aus entwickelten Märkten.
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