Nach sieben Jahren war ich unlängst zum zweiten Mal in Agra, um mich durch die Schönheit des Taj Mahal berauschen zu lassen. Müde vom Sightseeing und genervt von aggressiven Straßenhändlern,
will ich rasch wieder zurück in mein Quartier.
Neben ein paar schleissigen Kamelkarren und maroden Fahrrad-Rikschas sehe ich ein paar e-Bikes, Elektro-Fahrräder, die zu Elektro-Rikschas aufgemotzt sind. Ich bin entzückt und neugierig, so dass ich gleich auf das Gefährt springe. Der Rikscha-Wallah meiner Wahl, ein sympathischer Local, beantwortet mir während der Fahrt all meine Fragen zu seinem neuartige Arbeitsgerät.
Social- & Green Business
Die Elektro-Fahrrad-Rikschas wurden erst vor drei Monaten eingeführt. In einem Umkreis von zwei Kilometern wurden alle Luft-verpestenden Tuk-Tuks (Auto-Rikschas) verbannt. Um aber die Massen an bequemen Indern (und Ausländern) heran zu karren, brauchte es aber adäquaten Ersatz. Und da sich die Frau Chief-Minister Mayawati den Dalits (Unberührbaren) verschrieben hat und dieser Tage auch Wahlen zu schlagen und somit Wählerstimmen zu maximieren hat, hat Sie den Bicycle-Wallahs die neuen e-Rikshas beschert. Daher prangt hinten auch ganz prominent das Counterfait von Mayawati.
Der Business Case
Ein Geschenk an die Armen war das aber natürlich nicht. Der stolze Besitzer erstand seine neue e-Riksha um 73.000 Rupien, was etwa 1.100 Euro entspricht. Da er selbst nicht über so viel Geld verfügte, hat er sich sein Gefährt über einen (Mikro-)Kredit finanziert. Für 20 Rupees (30 Cent) pro Tag kann er den Akku seiner Rikscha über Nacht aufladen. Das reicht um dann den ganzen Tag zwischen Taj Mahal und Red Fort zu pendeln. Sein Tagesumsatz liegt bei etwa 500 Rupees (8 Euro) mit denen er seinen Lebensunterhalt bestreitet beziehungsweise seine Kreditraten bedient.
Der Unternehmer
Der Rikscha-Wallah meiner Wahl muss so gegen 50 sein. Er hat drei Kinder, wobei die älteste Tochter schon verheiratet ist (wurde). Sein ältester Sohn arbeitet in einem 5-Stern Hotel als Koch und sein Jüngster besucht das College. Er ist stolz auf seine Kinder und zufrieden mit seinem Geschäft
. Ich selbst bin ziemlich beeindruckt von der sozio-ökonomischen Entwicklung in Uttar Pradesh (UP), immer noch einer der rückständigsten Bundesstaaten Indens. In ein bis zwei Generationen kann sich auch hier alles (zum Guten) wenden.
Rahul Gandhi: Hero oder Zero
Bis zum 3.März finden die Regionalwahlen in UP statt. Da geht es nicht nur um das Schicksal des bevölkerungsreichsten und ärmsten Bundesstaates, sondern auch um das Überleben der regierende Congress-Regierung in Delhi. Wenn Congress in Indien an der Macht bleiben will, muss sie in Uttar Pradesh ein Comeback feiern. Hier werden die meisten Sitze vergeben. Darum kämpft Zukunftshoffnung Rahul Gandhi, der legitime Thronfolger der Partei, selbst um Wählerstimmen der unteren Kasten (60%) in Uttar Pradesh. Den Rikscha-Wallah meiner Wahl konnte er jedenfalls nicht gewinnen. Er wird Mayawati, der Stifterin seiner e-Riksha, seine Stimme geben.
(Wolfgang Bergthaler)
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