Wenn ich in Indien bin, vermisse ich kulinarisch so gut wie nichts aus meiner Heimat. Ich bin weder ein großer Fleischesser (eher Teilzeit Vegetarier auf freiwilliger Basis) noch brauche in unbedingt Knödel, Strudel oder Käse. In Indien fühle ich mich auch beim Essen voll zu Hause. Das einzige was mir in Indien wirklich fehlt, sind die österreichischen Mehlspeisen (selbst auf Brot kann ich verzichten). Ich will nicht übermäßig patriotisch klingen, aber beim Süßen sind wir wirklich Weltmeister. Selbst Bayern oder die Schweiz kann unseren Mehlspeisen nicht viel entgegen setzen.
Die Inder stehen drauf!
Das seh offensichtlich nicht nur ich so, sondern eben auch die Inder. Denn immer wenn ich Besuch aus Indien hab, führe ich sie/ihn in die endlosen Weiten unser Mehlspeis-Küche ein. Und damit treffe ich ihren Geschmack so gut wie immer tausend-prozentig. Ich kenne wenig Dinge die so kompatibel sind wie der indische Gaumen mit Zimtschnecke, Brioche-Kipferl, Sachertorte oder Nuss-Strudel.
Das bestärkt mich immer wieder darin, dass Indien unbedingt eine Bäckerei-Kette á la Ströck, Mann oder Resch & Frisch braucht. Warum ich glaube das ein solches Konzept in Indien fliegt, möchte ich hier kurz aufzeigen:
- Die Produkte: Unsere Mehlspeisen sind Weltklasse und die Inder stehen einfach drauf (siehe oben). Ich würde mit einer ganz schmalen Produkt-Palette starten, vielleicht nur fünf bis sieben verschiedene Top-Produkten, davon eigentlich alle sweet.
- Ziel-Markt: Die urbane Mittelklasse konzentriert sich quasi auf ein dutzend Millionen-Städte, wo man das Konzept mit jeweils mehren Filialen problemlos ausrollen kann. Die jungen Inder sind sehr aufgeschlossen was neue Produkte im F&B Bereich betrifft. Die Redewendung „Das verkauft sich wie die warmen Semmeln“ würde in Indien im wahrsten Sinne des Wortes zutreffen. Außerdem kenne ich kaum ein gastronomisches Konzept, das in Indien nicht funktioniert.
- Positionierung & Branding: ein paar nützliche Wörter für Claim wären: #quality, #daily (bread), #health, #milk, #convenient, #to-go, #fast, #alps, #swiss, #snack, #tea-break, #vegetarian. Man muss jedenfalls zusehen, dass man nicht als Cafe wahrgenommen wird.
- Competitive Landscape: Denn es gibt in Indien mittlerweile eine Menge Cafés und French Bakeries, die aber allesamt wenig Traffic haben. Man sieht dort meist verliebte Pärchen oder junge Studenten, die stundenlang bei einem Cappuccino und einem kleinen überteuerten Törtchen sitzen und weiter keinen nennenswerten Umsatz machen. Damit ist der Umsatz pro m² (DER Kostenfaktor in Indien) absolut suboptimal.
- Der Vertrieb: Stattdessen sollte man ein kleines Geschäftslokal, eher einen Stand, an hoch-frequentierten Standorten anmieten. Dort kann man „to go“ verkauft, am besten dort wo die young urban professionals arbeiten und abhängen. In Indien findet man die junge urbane Mittelschicht meist ziemlich homogen an wenigen Orten (Malls, hippen Stadtteilen, IT-Parks, ausgewählten Einkaufsstraßen etc).
- Der Preis: Nach den zwei Jahren, die ich in der indischen Mittelklasse gelebt habe, bin ich mir sicher dass die indischen Konsumenten grundsätzlich bereit sind ähnliche Preise zu bezahlen wie wir in Europa.
- Die Kostenstruktur ist in Summe wohl ähnlich wie bei uns. Rohstoffe und Personal kosten in Indien deutlich weniger. Dafür sind die Immobilien-Preise um einiges höher. Außerdem wird man diverse Öfen und Spezialmaschinen importieren müssen.
- Marketing & Kommunikation: Es gibt kein Land wo „word of mouth“ so gut funktioniert wie in Indien, vorausgesetzt man hat ein geniales Produkt, das alle geil finden (siehe oben).
- Produktion & Logistik: Pro Stadt braucht es jeweils einen Produktionsstandort, von dem die Teiglinge oder Fertigprodukte an mehrere POS verteilt werden. (Kühl)logistik, sofern man sie braucht, wird immer verlässlicher und sollte mittlerweile kein großes Hindernis sein.
- Business Case: mit Sicherheit attraktiv und stark skalierbar.
Ich freu mich wenn mal wer diese Konzept umsetzt
. Ich bin mir sicher: es wird eine Goldgrube.
(Wolfgang Bergthaler)
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