Wenn es um das Thema “Business Culture” geht, wird immer über kulturelle Unterschiede, nie aber über Gemeinsamkeiten gesprochen. Hier wollen wir das Verbindende über das Trennende stellen und wagen uns auf eine interkulturelle Weltreise.
India follows UK
Unsere Reise beginnt, nicht von ungefähr, in Großbritannien. Die indische Geschäftskultur ist immer noch stark britisch geprägt, mit klaren Hierarchien und eindeutigen Verantwortungsbereichen. Auf korrektes Auftreten und formelle Kleidervorschriften wird großen Wert gelegt. Etwas lockerer geht es am „Casual Friday” zu.
Fokus USA
In den letzten Jahrzehnten hatten definitiv die Vereinigten Staaten den größten Einfluss auf die Unternehmenskultur in Indien. Zum einen leben etwa 3 Millionen Inder in den Staaten, die bei Ihrer Heimkehr oft amerikanische Werte in ihr Heimatland re-importieren, andererseits sind viele amerikanischen Konzerne in Indien tätig, die in ihren Unternehmen eine lockere und freie Unternehmenskultur leben.
Ganz nach amerikanischem Vorbild steht auch für indische Unternehmer schnelles Wachstum, Gewinnstreben und Umsatz im Vordergrund. Die Werte Erfolgsstreben und Statusdenken sind die treibenden Kräfte.
Obwohl die Präambel der Verfassung Indien als „… sozialistische … Republik“ definiert, gelten dort heute eher die kapitalistische Grundsätze. Es gibt heute nur mehr wenige staatliche Regulierungen, die den Wettbewerb einschränken. Dementsprechend hart ist dort auch der Markt, auch oder gerade für ausländische Unternehmen.
Deutsch-japanisches Qualitätsbewusstsein mit indischem Service
Indien distanziert sich von China, insbesondere wenn es um Qualität geht. Der indische Konsument ist qualitätsbewusst. Auch wenn die Qualität der heimischen Produkte nicht immer herausragend ist, sind sie grundsätzlich besser als chinesische Ware. Importprodukte aus Europa, vor allem Deutschland oder der Schweiz, genießen in Indien höchstes Ansehen.
Ähnlich wie in Japan sind Demut und Respekt vor dem Kunden wichtige und gelebte Werte. Die Inder haben durch ihr hierarchisches Gesellschaftssystem die Dienstleistungskultur perfektioniert. In welchem anderen Land der Welt werden Zugtickets oder McDonalds Menüs per Bote zugestellt, kommt der Bank-Angestellte zur Kontoeröffnung ins Haus oder gibt es in Mittelklassefamilien 24h Haushaltshilfen, private Chauffeure und eigene Köche…?
Mitteleuropäische Prägung
Indien hat wie Europa eine lange Tradition der Gewerkschaftsbewegung. Aber es entspricht auf der indischen Mentalität für seine Leute zu sorgen, auch über den Arbeitsplatz hinaus. Auf die jeweilige familiäre Situation wird meist Rücksicht genommen, betreffend Geld, Gesundheit oder Pflege der Eltern und Kinder. Bemerkenswert ist, dass die Firma Tata bereits 1912 den 8-Stunden Tag für ihre Mitarbeiter einführte, noch bevor das in Europa ein Thema war.
Auch die Konzepte vom lebenslangen Arbeitsplatz, der verstaatlichen Industrie und einer großen Beamtenschaft gibt es in Indien, verlieren aber an Bedeutung.
Indo-Österreichische Parallelen
Was die Geschäftsgebarung betrifft, gibt es überraschend viele Gemeinsamkeiten zwischen Indien und Österreich
. Ich vermute den Grund im vormals feudalen Gesellschaftssystem der beiden Länder. Auch Österreich wurde während der Habsburger, und ganz besonders während der Ära Metternich, sehr hierarchisch verwaltet. Der Österreicher galt immer als ehrfürchtig und angepasst, dem Kaiser oder der Kirche gegenüber. Dadurch wurden in beiden Systemen die Möglichkeiten der Menschen eingeengt. Man musste sich Alternativen überlegen und aus der Not wird oft eine Tugend. Daraus entwickelte sich wohl die große Bedeutung von Netzwerken und persönlichen Beziehungen.
Auch zu finden in beiden Ländern sind Titelwahn (Frau Ingenieur) und Statusdenken (Sie) sowie der entsprechende Respekt gegenüber Höhergestellten, eine gewisse Schlampigkeit („passt schon“ und Gemütlichkeit, sowie der Charme und Humor (Wiener Schmäh).
(Wolfgang Bergthaler)
Nützen Sie die kulturellen Gemeinsamkeiten!
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