Indovation

Westliche Unternehmen fehlt es oft an Market Intelligence

Wer mit Indien Geschäfte machen möchte, muss Extrawürste und Sonderwünsche erfüllen
. Westlichen Unternehmen fehlt es in Indien oft nicht nur an Kunden-Orientierung, viele haben nicht die geringste Ahnung wer ihre Kunden in Indien sind, wie die ticken und was sie genau wollen. Nachdem in den letzten Jahren um Indien und seine Konsum-orientierte Mittelklasse so ein Rummel war, rechnet sich heute schon fast jedes europäische Unternehmen Chancen am Subkontinent aus. Die Anfragen bei den Handelskammern explodierten seit Jahren. Heute will schon jedes kleine Unternehmen nach Indien expandieren, an Messen teilnehmen oder dort einen Vertriebs-Partner finden. Doch die Spreu trennt sich relativ rasch vom Weizen. „Quick Wins“ sind in Indien auf gar keinen Fall zu erwarten.

Die kleinen Unternehmen wären zwar flexible genug um sich auf den indischen Markt einzustellen – denen fehlt aber neben Ernsthaftigkeit meist das Geld um den langen Weg zum Erfolg durchzustehen. An dieser Stelle sei aber angemerkt: für gute Geschäftsmodelle und innovative Lösungen gibt es in Indien heute genug Geld in Form von Risikokapital. Nur eine Markt-Erschließung in Indien geht einfach nicht nebenbei. Ein Markteintritt in Indien ist eine strategische Entscheidung, und verlangt Fokus.

Die großen Multinationalen Unternehmen sind meist zu unflexibel sich auf Indien einzustellen und wirklich nahe am Markt Produkt- und Prozess-Innovationen zu entwickeln. Die haben aber meist so tiefe Taschen sich mehrere Jahre Lernerfahrung zu leisten.

Nehmen Sie Volkswagen. Während VW in China seit den 70-er Jahren den PKW-Markt dominiert, ist Volkswagen in Indien erst seit ein paar Jahren am Start. Ein durchschlagender Erfolg ist den Wolfsburgern noch nicht geglückt. Für mich ist es ausgeschlossen, dass sie sich mit Premium-Modellen erfolgreich positionieren können. Wer in Indien Geld hat, kauft sich in der Status-orientierten Gesellschaft gleich einen BMW, anstatt eines Passats. VW hat zwar den Up! (Nachfolger des VW Fox) im Programm, aber der ist eigentlich schon zu teuer für das unterste Preissegment in Indien, ganz zu schweigen vom Polo oder gar dem Golf, der in Indien schon die obere Mittelklasse anspricht. Gegen die starke Konkurrenz aus Japan (Toyota, Suzuki, Honda) und Korea (Hyundai ist seit Jahren der absolute Bestseller) haben die Deutschen keine Chance. Der Zug scheint schon abgefahren zu sein. Bis zum heutigen Tag hat Volkswagen kein geeignetes Modell für den boomenden indischen Markt und seine Kunden.
Vielleicht ernüchtere ich Sie an dieser Stelle bereits, wenn ich Sie warne: Prüfen Sie zu aller erst kritisch ob Ihr derzeitiges Angebot in Indien überhaupt gebraucht wird!

Aus meiner Sicht scheitern die meisten Unternehmen in Indien aus den folgenden Gründen: Sie haben kein Produkt für den indischen Markt: Das gilt insbesondere für den Konsumgüterbereich. Die indischen Kundenbedürfnisse unterscheiden sich zu sehr von den Europäischen. Außerdem mangelt es an umfassender Marktkenntnis: Die wenigsten Unternehmen haben eine Ahnung, wie der indische Markt und seine Teilnehmer funktionieren oder was die Kunden wirklich wollen. Wenn Sie schon einmal in Indien waren, wissen Sie dass Sie dort keine Garagen-Tore, Rasenmäher oder Geschirrspüler verkaufen können, selbst eine Waschmaschine ist schwierig zu positionieren. Brauchbare Indien-spezifische Anwendungen wären stattdessen batteriebetriebene ultra-Low Cost Kühlschrank oder Geldautomaten für den ländlichen Raum.

Wie soll ein deutscher Ingenieur verstehen, wie man idealerweise Züge für Indien konstruiert? Nur wer schon mal in Mumbai öffentlich unterwegs war, weiß dass die Vorortzüge keine Türen haben und wie voll die Wagons sind. Indien braucht keine Produkte, die “over-engineered“ sind, sondern solche die lokale Probleme lösen und für möglichst viele Menschen verfügbar sind.
Meist kommen Firmen mit ihren genauen Vorstellungen nach Indien und studieren den Markt zu wenig. Nur weil ein Produkt oder Geschäftsmodell in Osteuropa oder China funktioniert, muss es nicht automatisch auch in Indien klappen! (siehe Volkswagen).
Unternehmen, die nur ihre existierenden Produktlinien nach Indien exportieren oder ein Lizenzabkommen anstreben, kommen oft nicht vom Fleck. Aus meiner Sicht ist es daher essentiell, massiv in die Produkt-Entwicklung zu investieren.

Um in Indien Erfolg zu haben, müssen Sie jedenfalls

  1. den Markt eingehend studieren und verstehen, um dann
  2. ein Produkt speziell für den indischen Markt zu entwickeln,
  3. ein Indien-spezifisches Marketing- sowie ein innovatives Vertriebskonzept entwickeln.

Im Buch “Indovation” finden Sie einen Innovations-Prozess zur Entwicklung von Indien-zentrierten Produkten und Dienstleistungen sowie die Grundsätze für erfolgreiches Marketing am Subkontinent.

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Beitrag veröffentlicht

von

Wolfgang Bergthaler

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