Was ist passiert mit den Shooting-Stars der Weltwirtschaft? Die letzten zehn Jahre waren die Schwellenländer die Wachstums-Lokomotiven der globalen Konjunktur. Die meisten BRICS-Staaten haben selbst die Turbulenzen der Finanzkrise 2008/2009 schnell hinter sich gelassen uns wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt.
Doch in den letzten zwei Jahren hat die Konjunktur in den (großen) Emerging Markets dramatisch an Dynamik verloren. Brasilien, Russland und Südafrika dürften heuer noch ein minimales Wachstum von etwa einem Prozent erreichen, stehen aber mit einem Bein bereits in der Rezession. China meldet für 2014 einen BIP-Zuwachs um die sieben Prozent – Tendenz fallend (Insider gehen aber von deutlich nierigeren Werten aus).
Über die triste wirtschaftliche Situation in Indien in den letzten zwei, drei Jahren brauche ich Sie als Leser von Indische Wirtschaft wohl nicht informieren. Genug wurde geschrieben über langsames Wachstum, Korruption, Inflation, Handels- und Budgetdefizite. Alle Medien haben Indien bis vor wenigen Wochen/Monaten pauschal als “hoffnungslosen Fall” abgestempelt
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Nun scheint sich aber nach der Wahl Modis zum Premierminister das Blatt gewendet zu haben. Während sich die Negativ-Spirale in den anderen BRICS-Nationen beschleunigt, scheint Indien den Turnaround geschafft zu haben. Und so negativ vorher die Berichterstattung war, so euphorisch berichten die Medien bereits wieder aus Indien:
Der “Economist” nennt sogar schon Fünf Gründe, warum Indien der neue Star der Weltwirtschaft ist.
Der Internationale Währungsfonds hat jedenfalls seine jüngste Wachstumsprognose für Indien von 5,6 auf 5,8 Prozent für heuer angehoben (im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern). 2015 soll die Wirtschaft um 6,4 Prozent wachsen. Das wäre immer noch weniger als beim großen Nachbarn-cum-Rivalen-cum-Partner China, dessen Daten aber eher mit Vorsicht zu genießen sind.
Die Industrieproduktion ist deutlich stärker gestiegen als erwartet. Die Produktion habe um 2,5 Prozent zum Vorjahresmonat zugelegt. Ökonomen waren lediglich von einem Wachstum von 0,6 Prozent ausgegangen. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe trug zu den Outpot-Zuwächsen bei. Der Sprung der Investitionsgüterproduktion im September deutet jedoch für die kommenden Quartale auf eine robustere Investitionsnachfrage hin.
Außerdem hat sich die Lage an der Preisfront entspannt. So ist die Einzelhandelsinflation von zuvor 6,5 Prozent (annualisiert) auf 5,5 Prozent zurückgegangen. Diese liegt damit nun unter dem mittelfristigen Inflationsziel der Reserve Bank of India (RBI) von 6 Prozent.
Seit Mai sind die Börsenkurse des SENSEX um knapp 40 Prozent gestiegen.
Die guten Zahlen sind bis jetzt wohl noch eher Plazebo-Effekt, denn echte Entwicklung. Denn so schnell lassen sich die Fundamentaldaten einer so großen Volkswirtschaft nicht ändern – vor allem in diesem globalem Umfeld.
Die neue Regierung verordnet seit Amtsantritt Wachstum und lässt diesen medial inszenieren. Die Inder, die gemeinhin “starke Führer” lieben, glauben nun an den neuen starken Mann und den Wandel, den er verspricht.
Wenn aber alle in den kommenden Monaten weiterhin an diese Story glauben, ist Indien wirtschaftlich wieder auf Kurs. Die Kraft der Gedanken lässt Indien Realität werden. Und Glauben versetzt bekanntlich Berge – vor allem in Indien.