In einem großen Wurf hat Deutschland im Sommer 2013 das komplizierte Beschäftigungsrecht für Ausländer reformiert und vereinfacht. Gleichzeitig erhielt auch das Ausländerrecht eine neue Struktur. Die bekannteste Änderung ist einer EU Entscheidung zu verdanken: die Einführung der sogenannten „Blue Card“ (Blaue Karte, Aufenthaltskarte, Aufenthaltstitel, in Österreich „Rot-Weiß-Rot Card“).
Kurz gesagt handelt sich es dabei um ein vereinfachtes Prüfungsverfahren, um qualifizierten Spezialisten aus der ganzen Welt relativ schnell eine Arbeitsgenehmigung für Deutschland zu gewähren. Im allgemeinen Bewusstsein hat sich die neue Blue Card als „das“ Arbeitsvisum für indische IT-Fachleute verankert.
Für die Genehmigung einer Blue Card gibt es aber strenge Voraussetzungen: der ausländische Ausbildungsabschluss muss hier als gleichwertig anerkannt sein und der Kandidat mindestens fünf Jahre qualifizierte Berufserfahrung nachweisen. Das für die Blue Card erforderliche Jahresgehalt liegt obendrein bei mindestens 52.000,- Euro (2018).
Viele Arbeitgeber können oder wollen aber nicht so viel bezahlen. So wurden bis heute doch nicht so viele Blue Cards vergeben, wie man ursprünglich erwartet hatte.
Aufgrund dieser – rein statistischen – Tatsache, konnte man in der Presse schon lesen, dass „die Inder“ eigentlich gar keine Lust auf Deutschland hätten, sondern lieber nach Amerika gehen oder gleich zu Hause bleiben. Aber stimmt das denn? Über meinen LinkedIn Account bekomme ich jede Woche Anfragen aus Indien nach „Job Opportunities“ in Deutschland. Interessenten gibt es also mehr als genug.
Eher sind die Arbeitgeber hier zurückhaltend, wenn es um die Einstellung eines neuen Mitarbeiters aus Indien oder einem anderen fernen Land geht. Der Bewerbungsprozess ist aufwändig und man kann sich selten persönlich kennen lernen. Auch gibt es Bedenken wegen der Sprache, denn nicht in jedem deutschen Unternehmen sprechen alle Mitarbeiter auch fließend Englisch. Wie also kommunizieren? Und dann das hohe Gehalt …
Und was tun, wenn man doch einen Kandidaten identifiziert hat, den man auch wirklich gerne einstellen will – aber das Zielgehalt für die Blue Card kann einfach nicht erreicht werden? Die Antwort ist ganz einfach: die „klassische Arbeitsgenehmigung“.
Doch auch hierfür muss der Antrag allen formalen Anforderungen genügen, sonst sind die Bemühungen schnell vergebens und die Prüfung durch die Agentur für Arbeit ZAV kann schon mal sechs Wochen in Anspruch nehmen. Gute Begleitung im Verfahren und gute Kontakte bei den Behörden können den Zeitaufwand in Grenzen halten. Für „lau“ geht aber auch hier nichts: Mindestens 40.560,- EUR pro Jahr sind 2016 gefragt
.
Für viele Firmen hat sich seit einiger Zeit ein ganz neues Feld aufgetan, um qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland zu finden. Insbesondere bei großen Firmen kommen viele indische Spezialisten für befristete Projekte über eine Entsendung nach Deutschland – und die kann man während dieser Zeit gut „testen“. Bei Gefallen wird dann schon mal der eine oder andere Spitzenmann (oder Spitzenfrau!) abgeworben und „unter deutscher Flagge“ als neuer Mitarbeiter im gleichen Projekt weiter beschäftigt. Für diese Fälle gibt es natürlich auch eigene Vorschriften für die richtige Arbeitsgenehmigung.
Fazit: Die Blue Card ist zwar das bekannteste, aber keineswegs das am meisten verwendete Verfahren zur Arbeitsgenehmigung für Inder in Deutschland. Ein formaler Antrag bei der Arbeitsagentur ist für viele Arbeitgeber – insbesondere aus dem Mittelstand – weiterhin der richtige Weg.
Gastbeitrag von Barbara Rietzsch: Barbara Rietzsch arbeitet seit 2003 im Visums Geschäft und hat umfassende Erfahrung mit Experten-Immigration – vor allem aus Indien. Seit 2007 ist sie mit ihrer eigenen Beratungsfirma Visa & Expats Consulting www.visa-and-expats-consulting.de am Markt und unterstützt ihre deutschen und internationalen Kunden in allen Visumsverfahren – sei es beim Business Visum oder bei einer Einreise aus Indien zum Arbeiten in Deutschland.
(Since 4 years the German Blue Card for Indian IT-Experts has become the synonym of a work visa for Germany. Depending on the salary level however either Blue Card or normal Work Permit will apply. Since 2007 Barbara Rietzsch www.visa-and-expats-consulting.de gives guidance to national & international customers in all visa & immigration related matters – be it business visa, long term immigration or project assignments to Germany.)
https://www.indische-wirtschaft.de/index.php/softwareentwicklung-indien-outsourcing/
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.