Nach den sechswöchigen Parlamentswahlen in Indien wurden am 4. Juni 2024 die Stimmen ausgezählt. Vorherige Exit Polls haben vorausgesagt, dass die von Premierminister Narendra Modi geführte National Democratic Alliance (NDA) mit einem historischen dritten Wahlsieg in Folge an die Macht zurückkehren und mehr als 400 Sitze gewinnen würde. Das wurde allerdings heute nicht bestätigt!
Stattdessen kommt das Koalitionsbündnis NDA auf deutlich weniger Stimmen als angenommen – nämlich nur 293 Sitze, wovon 240 auf die Regierungspartei BJP entfallen.
Eine Partei oder Koalition muss mindestens 272 der 543 Unterhaus (Lok Sabha) Sitze gewinnen, um an der Zentralregierung die Macht zu übernehmen. Das Bündnis rund um die BJP wird das jedenfalls schaffen und so wird Narendra Modi der erste Premierminister nach Jawaharlal Nehru sein, der drei aufeinanderfolgende Amtszeiten gewinnt. Er ist aber gegebenenfalls auf Koationspartner angewiesen.
Der prognostizierte und von Modi vorzeitig selbst ausgerufene Erdrutschsieg blieb jedenfalls aus und das I.N.D.I.A.-Bündnis rund um die Kongresspartei erreichte wesentlich mehr Stimmen als erwartet.
Bei den letzten Wahlen 2019 wurde das Oppositionsbündnis (damals UPA) mit nur 93 Sitzen, davon 52 für den Kongress, geradezu gedemütigt. Diesmal kommt die Opposition allerdings auf etwa 233 Stimmen, davon 99 auf die Kongresspartei. Das ist ein beachtlicher Erfolg, mit dem so im Vorfeld eigentlich die wenigsten gerechnet haben.
Börsen stützten erstmals ab.
Modi gilt auch als Mann der indischen „Wallstreet“ (Dalal Street). Denn von seiner Wirtschaftspolitik profitierten vor allem die großen Börse-notierten indischen Konzerne, was in den letzten zehn Jahren einen unglaublichen Boom am indischen Aktienmarkt auslöste.
Die Schwächung der aktuellen Regierung führte in den ersten Handelsstunden allerdings zu einem starken Ausverkauf und erheblichen Verlusten für die Investoren. Die großen Indices Sensex und der Nifty 50 brachen jeweils um mehr als 5 Prozent ein.
Der steile Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass die bisherigen Ergebnisse hinter den Exit Polls zurückbleiben, die der Markt eingepreist hatte.
Auswirkungen & Reaktionen für die Wirtschaft
Warum Modi – aus Sicht der indischen Bevölkerung – so gut ankommt habe ich im letzten Artikel “Warum Modi der richtige Mann für Indien ist!” erläutert. Dieser Sieg 2024 ist jedoch auch eine erste, herbe Niederlage für den sonst so erfolgsverwöhnten Regierungschef aus Indien. Nichtsdestotrotz hat seine BJP Partei mehr Stimmen erhalten als alle I.N.D.I.A. Oppositionsparteien zusammen.
Unklar ist auch noch, inwiefern sich die Prioritäten seiner Politik ändern könnten. Es könnte sein, dass nun etwas mehr Macht in die Hände (gewisser) Bundesstaaten (Chief Minister) fällt, auf dessen Unterstützung er in seiner Unionsregierung nun angewiesen ist. Größe Änderungen in der Wirtschafts- und Außenpolitik sind jedenfalls nicht absehbar.
Dass ein Wahlsieg Modis für europäische Unternehmen in Indien auch Protektionismus und Deglobalisierung bedeuten, habe ich bereits hier argumentiert.
Und alles andere sind innenpolitische Nebenschauplätze, um die sich europäische Unternehmer erstmals keine Gedanken machen müssen.
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