“In den USA wurde das Konzept von Ignighter.com nicht verstanden. Man dachte, die User verabreden sich dort zu Orgien”, sagt Adam Sachs, einer der Gründer von ignighter.com – eine Community-Website, bei der sich die Mitglieder zu Gruppen-Dates verabreden. Das Projekt wurde in den USA 2008 gestartet; am Ende des Jahres hatte man 50.000 User – was winzig ist im Vergleich zur Konkurrenz. Doch wider Erwarten stellte sich der Erfolg außerhalb der USA ein.
Denn 90 Prozent der User kommen inzwischen aus Übersee, der Großteil davon aus Indien. Es gibt fast zwei Millionen User, täglich melden sich 7000 neue Inderinnen und Inder an – das macht die US-Website zur am schnellsten wachsenden Dating-Website Indiens. Mit entsprechenden Folgen: Einem Artikel in der “Times of India” zufolge wurden diesen Monat in einer Finanzierungsrunde drei Millionen Dollar an Kapital eingeholt – davon 40 Prozent von indischen Investoren
.
Die Gründer selbst haben noch nie einen Fuß auf indischen Boden gesetzt – da sich der betriebliche Schwerpunkt aber nun in den Wachstumsmarkt verlegt, soll in den kommenden Wochen ein Büro in Mumbai eröffnet werden. Lokales Personal wird angeheuert; und die Gründer statten Indien abwechselnd einen Besuch ab.
Der auf den ersten Blick verwunderliche Erfolg der Gruppen-Datingsite wird in den indischen Online-Medien eifrig diskutiert, und die Experten erklären das Phänomen soziokulturell: Waren in der Elterngeneration arrangierte Ehen noch der Usus, sind die heutigen Mitt-Zwanziger mit einem Einfluss aus westlicher Kultur aufgewachsen. Sie sind offener, und viele streben eine Hochzeit aus Liebe an – auch wenn es in der älteren Generation oft noch einen anrüchigen Touch hat, wenn ein junger Mann und eine junge Frau zu zweit in der Öffentlichkeit gesehen werden. Die Gruppen-Datings entschärfen hier die Situation: Sich mit Freunden zu treffen trifft auf mehr Akzeptanz als ein offensichtliches Date.
Kulturelle Besonderheiten wie diese werden die US-Amerikaner beachten müssen, wenn sie den indischen Markt weiter bearbeiten wollen – aber das sollte ihnen der Erfolg wert sein. (Stefan Mey)
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