Oft wird dieser Tage beklagt, dass deutsche Studenten die österreichischen Universitäten “besetzen”. Durch die Personenfreiheit innerhalb der EU und das Fehlen von Zugangsbeschränkungen strömten in den letzten Jahren mehr Deutsche auf die Universitäten in Wien, Graz, Salzburg und Innsbruck.
Derzeit sieht man (noch) wenige indische Studenten auf unseren Hochschulen. Ist das “deutsche” Szenario auch mit indischen Studenten realistisch?
Jedes Jahr verlassen 150.000 Inder ihr Land, um im Ausland zu studieren. Insgesamt studieren etwa zwei von hundert indischen Studenten im Ausland. Relativ gesehen ein geringer Prozentsatz, aber auf Grund der Größe des Landes doch eine beträchtliche Anzahl. Damit ist Indien nach China auch jenes Land mit den meisten Studenten im Ausland. In Summe haben bereits fast 3 Millionen Inder im Ausland einen Abschluss gemacht.
Auf der Beliebtheitsskala steht die USA noch immer ganz oben (56%). Europa holt aber stark auf. Auf Platz zwei findet man mit Großbritannien einen nicht ganz Unverdächtigen. Überraschenderweise folgt auf Platz drei mit Frankreich bereits ein europäisches nicht-englischsprachiges Land
. Deutschland belegt nach Australien den fünften Platz. Auf den weiteren Plätzen landen Japan, Kanada, Neuseeland und Südafrika. Österreich scheint in der Statistik nicht auf. Die Zahl wird wohl im niederen zweistelligen Bereich liegen.
Der Strom der indischen Studenten wird trotz englisch-sprachiger Lehrveranstaltungen und niedriger Studiengebühren auch in Zukunft an Österreich vorbeiziehen. Im Gegensatz zu Mitteleuropäern sehen Inder ihre Ausbildung als Investment in die Zukunft – Investment wirklich im Sinne von Geld. Während in der österreichischen und deutschen Tradition die (finanzielle) Verantwortung an den Staat delegiert wird, der für jeden Studenten doch auch die Mittel zur Verfügung stellen möge, wissen die Inder um den wahren Wert Ihrer (Aus)bildung und übernehmen auch dafür auch ganz selbstverständlich die Kosten, um diese später natürlich wieder zurück zu verdienen (also ein “Return on Investment” für den Einzelnen).
Name und Standard der Universität sind von hoher Bedeutung. Das Konzept der Eliteuni nach englischem und amerikanischem Vorbild ist dem Inder näher als durchschnittliche Hochschulbildung auf Kosten des Gemeinwesens. Daher ist der Andrang aus Indien in das österreichische Studiensystem nicht so groß wie man meinen könnte.
Dazu kommt, dass der Staat Österreich dem Studenten nach Abschluss nicht automatisch die Arbeitserlaubnis gewährt, der Absolvent also anschließend meist das Land wieder verlassen muss. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das ein absolutes Desaster. Der Staat übernimmt die Kosten für die Ausbildung, der Student bekommt aber nie die Möglichkeit diese in Form von Steuern wieder zurückzuzahlen. Dabei geht Österreich Geld und Know-How verloren.
Wenn sich die Gesetze nicht ändern, kann der Finanzminister nur froh sein, wenn nur wenige Studenten aus Indien (und anderen Nicht-EU-Ländern) den Weg nach Österreich schaffen. Was bleibt ist jedenfalls eine verpasste Chance, junge Talente ins Land zu holen (Stichwort Arbeitsmarkt, Technik und Altersvorsorge) und ein generell (unter-)durchschnittliches Bildungssystem unserer Unis. (Kommentar von Wolfgang Bergthaler)
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