Mikrofinanz – ein stabiler Wachstumsmarkt

Spätestens seit Muhammad Yunus, Gründer der Grameen Foundation, im Jahr 2006 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, sind Mikrokredite weltweit einer breit(er)en Öffentlichkeit bekannt.

Eigentlich ist der durch Yunus bekannt gewordene Kreditbereich aber nur ein Teil der gesamten Idee von Mikrofinanz, zu dem auch Finanzprodukte im Bereich Sparen/Anlage, Zahlungsverkehr sowie Versicherungen zählen.

Kurz zusammengefasst lässt sich Mikrofinanz so definieren: Finanzdienstleistungen für Personen mit geringen Einkommen an bzw. unter der Armutsgrenze, die normalerweise keinen Zugang zu Finanzprodukten haben, weil sie keinerlei Sicherheiten für Ihre Gläubiger bieten können.

Dabei spielt der Kreditbereich natürlich die bedeutendste Rolle, weil es den Begünstigen (fast ausschließlich Frauen) ermöglicht mit dem Geld ein kleines Gewerbe zu finanzieren und aufzubauen.

Die Geschäftsideen werden meist in den Bereichen Landwirtschaft, Viehhaltung, Kunsthandwerk, Handel von Lebensmittel oder anderer Waren sowie im Dienstleistungsbereich wie Nähen, Straßenküchen etc. realisiert. Um diese kleinen Geschäfte aufzubauen braucht es zum Beispiel in Indien meist nur ein Investment von etwa 100 Euro, was etwa der durchschnittlichen Kredithöhe entspricht. Die Laufzeiten betragen meist ein Jahr und die Rückzahlungsraten übertreffen mit 99% bei weitem jene der Kreditnehmer mit Sicherheiten, obwohl Zinssätze von bis zu 24% kalkuliert werden (müssen). Diese resultieren aus dem enormen administrativen Aufwand die wöchentlichen Raten einzusammeln oder das Training der Kreditnehmerinnen, die oft nicht lesen, schreiben oder rechnen können.

Nichtsdestotrotz gelingt es damit die Frauen in das Wirtschaftsleben einzugliedern, das Familieneinkommen zu verdoppeln und den gesellschaftlichen Stellenwert der Frauen in der Gesellschaft zu verbessern. Frauen können nachweislich besser mit Geld umgehen
. Davon profitiert die gesamte Familie, da das Geld eher für Bildung und Gesundheit ausgegeben wird.

Indien als Zielmarkt

Mikrofinanz ist ein mächtiges Werkzeug gegen die Armutsbekämpfung. Es ist nachhaltig, skalierbar und basiert auf den Prinzipien der Marktwirtschaft und Unternehmertum. Indien ist der weltweit größte Markt für Mikrofinanz. Bei einer Gesamtbevölkerung von 1,1 Milliarden Menschen, gibt es aktuell einen Bedarf für etwa 75 Millionen Haushalten (davon 60 Millionen im ländlichen Raum und 15 Millionen im urbanen Bereich). Derzeit geht man etwa von 15 Millionen Kundinnen in Indien aus. Das existierende Gesamtportfolio beträgt derzeit etwa 5 Milliarden US-Dollar. Der Finanzierungsbedarf würde bis über 50 Milliarden betragen. Daraus resultiert noch ein gewaltiger Wachstumsbereich.

Grundsätzlich entwickelt sich dieser Markt aber sehr gut. Es wird genug Geld zur Verfügung gestellt um die Kunden zu bedienen, die durch die Mikrofinanzinstitute (MFI) bedient werden können.

Der Indischen Markt wird von wenigen großen Playern regiert. Die zehn größten MFIs (u.a. SKS, Spandana, BASIX, SHARE oder Bandhan) bedienen etwa 90% der Kunden. Zudem gibt es eine Unzahl an kleinen NGOs die sich Mikrofinanz verschreiben. Sie leisten gute Arbeit, haben aber weder das Geld noch die Technologien ihr Geschäft zu expandieren.

Auch große private indischen Banken wie die ICICI sehen in Mikrofinanz einen sehr lukrativen Markt, der auch intensiv bearbeitet wird. Große Institute stellen aber meist nur Kreditlinien zur Verfügung, engagieren sich aber nicht operativ. Seit Januar 2010 erlaubt die RBI (Reserve Bank of India) auch „mobile banking“ – der ideale Vertriebskanal für über 500 Millionen Personen, meist ohne Bankkonto und Sicherheiten. Daher ist der Finanzmarkt Indien insbesondere durch Mikrofinanz ein sehr spannender und dynamischer. (Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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