Marketing von europäischen Konsumgütern in Indien

Die „obere indische Mittelklasse“ genießt einen ähnlichen Lebensstil wie wir in Europa. Die Konsumfreudigkeit ist in den indischen Städten allgegenwärtig: Einkaufen und Konsumieren als Volkssport der modernen Städter, die selbst auch gerne von „Mall-Culture“ sprechen.

Nach einer aktuellen Studie von McKinsey wird sich das Durchschnittseinkommen in Indien in den nächsten zwei Jahrzehnten verdreifachen. Im Jahre 2025 wird Indien der weltweit 5-größte Markt für Konsumgüter sein. Schon die letzten 5 bis 10 Jahre sprossen allerorten die Einkaufszentren aus dem Boden, wie der Klee nach einem warmen Frühlingsregen. Heute ist der “moderne” Einzelhandel über 20 Milliarden USD schwer und wächst mit unglaublichen 20% pro Jahr.

Möglich wurde dieser neue Lifestyle durch hohe und stetig steigende Löhne für qualifizierte Arbeitskräfte, hohe Dividenden aus Immobilien- sowie Veranlagungsgeschäften und der Veränderung der Familienstruktur. Die klassische Mehrkind-Familie mit 3 Generationen unter einem Dach, aber nur einem Verdiener gibt es heute bei den urbanen Mittelstands-Familien selten. Man hat 1 bis maximal 2 Kinder – oft sind beide Ehepartner berufstätig. Damit ist heute das pro-Kopf-Einkommen ein Vielfaches höher und für den Konsum verfügbar.

Die indischen Konsumenten haben Lust auf neue “exotische” Produkte westlicher Prägung, wollen aber trotzdem weiterhin ihre gewohnte Portion “Masala”, eine spezielle Mischung aus indischen Gewürzen. Das gilt nicht für für das Essen sondern im übertragenen Sinne für alle Produkte und Dienstleistungen. Reißenden Absatz finden all jene Produkte, die westliche Produkte raffiniert mit   indischem Lifestyle kombinieren und umgekehrt.
Als Parade-Beispiel für erfolgreiche Fusion-Produkte ist McDonald’s zu nennen. Weltweit Nummer 1 beim Verkauf von Beef-Burger wurde in Indien die Speisekarte radikal angepasst. Eine Auswahl an vegetarischen Speisen, viel Huhn und indischen Gewürze sind perfekt auf den indischen Gaumen abgeschmeckt; zusätzlich gibt es noch ein Zustellservice (Indien hat eine extrem ausgeprägte Service-Kultur).

Im Gegensatz zu McDonald’s hat Starbucks in Indien nicht reüssieren können. Stattdessen hat sich die indische Kaffeehaus-Kette Cafe Coffee Day (CCD) durchgesetzt. In 915 Outlets (in 135 Städten) werden Kaffeespezialitäten, alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Snacks und ein modernes indisches Lebensgefühl geboten – zu durchaus europäischen Preisen
. Coffee Day ist seit ein paar Jahren auch mit 4 Shops in Wien präsent – übrigens ihre einzige Auslandsinvestition.

Auch die Werbung ist besonders gefordert. Die indische Gesellschaft ist zu heterogen um sie mit einer bestimmten Kampagne, mittels eines Mediums, in einer einzigen Sprache oder durch einen Brand-Embassador (Cricketspieler und Schauspieler!) anzusprechen.
Vergleichen Sie zum Beispiel diese beiden Sujets von „Thums Up“ Coke, einer Marke von Coca Cola, die auch durch ihre spezielle „indische“ Geschmacksrichtung hervor sticht. Die Unterschiede zwischen Nordindien (links) und Südindien (rechts) sind beträchtlich.

Unbenannt

Gleich nach dem Markteintritt in den späten 70er Jahren wollte der Konzern „Thums Up“ aus dem Verkehr ziehen und die Marke „Coca Cola“ zu pushen. Diese Strategie floppte, was bis zum Rückzug aus Indien führt. Nach 15 Jahren Abwesenheit schaffte Coca-Cola 1993 wieder den Markteintritt, diesmal mit der bewähren Produktstrategie von „Thums Up“. Die indischen Konsumenten denken anders – das muss selbst die wertvollste Marke der Welt akzeptieren.

Genießen Sie auch diesen indischen Peugeot TV-Spot, der selbst in Europa populär war (YouTube.com)

(Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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