Wenn es nach den Konsumenten geht, sollte alles gratis sein im Land, das nach der Unabhängigkeit wirtschaftlich und ideologisch stark sozialistisch geprägt wurde. In der Verfassung heißt es “the Union of India to be a sovereign, socialist, secular, democratic republic”.
Die staatliche Planwirtschaft konzentrierte sich (bis 1991) auf die Lösung des Verteilungsproblems, ohne das Produktionsproblem (Landwirtschaft, Industrie) gelöst zu haben. Das führte zu Massenarmut, in welcher Indien lange Zeit weltweit führend war.
Heute ist die Politik weitgehend davon überzeugt, dass eine freie (teilweise regulierte) Marktwirtschaft und der Unternehmergeister eher Wohlstand schaffen. Trotzdem ist in Indien die Gratis-Mentalität noch stark in den Köpfen verankert – stetig auf der Suche nach einer List. Bis zur Privatisierung der Energieversorger vor wenigen Jahren wurden bis zu 30% des Stroms gestohlen, egal ob Arm oder Reich – ein Kavaliersdelikt.
Besonders bei Beratung (Consulting) und bei digitalen Inhalten (Text, Fotos, Musik, Videos, Software) ist das Bewusstsein, dass die Leistung etwas wert ist und somit kostet, sehr schlecht ausgeprägt. Werbefinanzierte-Angebote wie die Produkt-Palette von Google (Gmail, Docs etc) sind der absolute Renner, weil kostenfrei und höchste Qualität. Bezahl-Services beginnen am Handy (Mehrwertdienste) zum ersten Mal überhaupt erst zu funktionieren
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Wenn Sie Indern (Beratungs-)Dienstleistungen anbieten möchten, wird es schwer sein, damit Geld zu verdienen. Der Kunde wird Sie nur bezahlen, wenn er dadurch einen unmittelbaren (!) Mehrwert, nämlich Umsatz / Gewinn / Kostenersparnis, erzielt. Daten, Information und Wissen stellen an sich keinen Wert dar. So werden Sie zum Beispiel keine Bildungsprogramme verkaufen, wenn der Teilnehmer danach keinen besseren Job bekommt; und keine Visumsberatung, wenn der Bewerber, das Visum nicht fix in der Tasche hat (bei großen Firmenkunden sieht das dann schon wieder anders aus).
Wollen Sie als Berater trotzdem ins Geschäft kommen, müssen Sie sich meist auf ein “Revenue-sharing” Modell einlassen, also die gemeinsam erzielten Gewinne (nachher) zu teilen.
Überhaupt läuft vieles nach dem Konzept „gratis, aber nicht umsonst“. Für Dienstleistungen Geld zu verlangen ist schwierig. Bezahlen soll ein Dritter, also der gemeinsame Kunde oder ein Werber. Alternativ schuldet man dem anderen (ewig) einen Gefallen oder hilft ihm/ihr mit seinen eigenen Kontakten und Weiterempfehlung. (Kommentar von Wolfgang Bergthaler)
… Fortsetzung folgt morgen “Konsumgüter: Geiz ist geil!”
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