Es sind nicht mal mehr zwei Wochen Zeit, bis von 3. bis 14. Oktober die Commonwealth Games in Neu Delhi stattfinden sollen. Ein Event, das als das größte Multi-Sport-Ereignis auf Indiens Boden in die Geschichte eingehen sollte – doch dann rissen die Blamagen nicht ab. Über Monate hinweg schreibt die englischsprachige Medienwelt bereits von unfertigen Stadien, dreckigen Quartieren und einstürzenden Decken; nun ist der Faden gerissen: Commonwealth Games Federation-Präsident Mike Fennell reist morgen, Donnerstag, nach Delhi, um die Angelegenheit mit dem indischen Premierminitser Manmohan Singh zu besprechen.
Erst heute brach in einem der Stadien die Decke ein; am Dienstag zerfiel eine Brücke, 27 Menschen wurden dabei verletzt. Einem Bericht des “Guardian” zufolge sind selbst die Quartiere der englischen Mannschaft, die zu den saubereren gehören sollten, alles andere als bewohnbar. Die Rede ist von verdreckten Toiletten und Betten, in denen Straßenhunde leben. Hinzu kommen die Angst vor Terroranschlägen und ein gesundheitlicher Faktor: Denguefieber. Durch den diesen Sommer stark gewesenen Monsunregen haben die Moskitos, welche die tödliche Krankheit übertragen, optimale Brutbedingungen – Gesundheitsexperten befürchten im Oktober die stärkste Dengue-Welle seit Jahren.
Für die Athleten, schreibt der Guardian, herrscht nun eine Ungewissheit, ob sie überhaupt auf die Spiele fahren werden. Einige Spitzensportler haben ihre Teilnahme bereits abgesagt; das schottische Team hat angegeben, die Anreise um einige Tage zu verschieben. Der indischen “The Hindu” zufolge versuchen die indischen Politiker hingegen, die Lage zu beruhigen: Generell sei alles in Ordnung, bei den genannten Problemen handle es sich nur um kleine Weh-Wehchen.Inzwischen wurden alle Austragungsorte mit einer Sicherheitssperre belegt; gefolgt wird dies von einer Reinigungsaktion, es wird auch auf mögliche Sabotageversuchen geprüft.
Für Indien steht viel auf dem Spiel: Die Commonwealth Games wären die optimale Chance für das Land, dessen Wirtschaft im Finanzjahr 2010/11 um 9,2 Prozent wachsen soll, sich von seiner besten Seite zu präsentieren – doch der bereits entstandene Image-Schaden in der englischsprachigen Welt wird sich nur schwer umkehren lassen. Und in Indien selbst ist die Stimmung mittlerweile ebenfalls gekippt: Einer Umfrage der “Times of India” am Mittwoch Nachmittag zufolge meinten 97 Prozent von 17.500 Befragten, die Spiele hätten Indiens Image schwer geschadet
. (Stefan Mey)
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