Seit zehn Tagen bin ich nun schon auf meiner (mittlerweile siebten) Indien-“Reise“. Auf Grund meines dichten Terminkalenders bin ich bis jetzt noch nicht zum Schreiben gekommen
. Das versuche ich aber in den kommenden Tagen und Wochen wieder aufzuholen – genug Stoff hätte ich schon gesammelt. Ich möchte meine Artikel-Serie mit ein paar persönlichen Eindrücken beginnen.
Dass ich wieder in Delhi bin, bemerke ich unter anderem dadurch dass
- zwischen einem einfachen Mittagessen um 20 Rupien (35 Cent) auf der Straße und einem 150 Rupien (€ 2,50) Cappuccino im Einkaufszentrum nur ein Zaun ist
- ich mich in der U-Bahn fühle wie ein Tetris-Stein – aber um umgerechnet 50 Cent 40 km quer durch die Stadt fahren kann
- im Tante-Emma-Straßen-Laden bei mir um die Ecke neben Linsen, Reis-Säcken und indischen Hygieneprodukten auch Red Bull-Dosen im Regal stehen
- ich mich permanent fühle, als würde ich bei einer Mobilfunk-Werbung mitspielen
- der Manager im Porsche-Showroom behauptet, dass er pro Monat 15 bis 20 Fahrzeuge verkauft (Preis € 100.000 aufwärts)
- sich auf den Straßen SUVs, Kleinstautos, Tuk-Tuks, Motorräder, Fahrrad-Rikschas, Fußgänger und Tiere zusammen durch die Straßen schieben
- der Shop-Keeper, mit dem ich verhandle, auch noch fünf andere Kunden bedient – während im Restaurant fünf Leute um mich herum tanzen
- Menschen im Park mit Schlagstöcken spazieren gehen, um sich gegen die Affen zu verteidigen
- ein „externer Dienstleister“ ins Haus kommt, um den Müll raus zu tragen
- ein 5-zeiliges Heiratsinserat (etwa 4 x 1,5 cm) in der Times of India mehr als 70 Euro kostet
- sich die Immobilienpreise jährlich fast verdoppeln
- sich im Fernsehen „breaking news“ und Herzschmerz-Seifenopern eine Schlacht um die Einschaltquoten liefern
- es zeitlich und logistisch einfacher erscheint an einem Tag einen Termin in Salzburg und Wien zu haben als zwei Termine in Delhi
- der neu eröffnete internationale Flughafen und die U-Bahn in Delhi mindestens so viel zum nationalen Selbstbewusstsein beitragen wie das Taj Mahal
- in Old Delhi zwischen dem 17. und 21.Jahrhundert maximal fünfzehn Meter liegen – so tief liegt die ultramoderne U-Bahn unter den Basaren, wo sich Handwerk und Geschäft seit damals kaum verändert haben
- sich bei Gesprächen alles um Geld, Business, Finanz, Jobs und Status dreht
- Delhi bereits 100% Handy-Penetration aufweist
- Spielzeug-Geschäfte „early learning centers“ heißen
- ich auf der Straße von Geschäftsleuten als potentieller Import- und Vertriebspartner für Europa akquiriert werde
- ich immer und überall sehe, was „Diversity“ heißt und wie spannend ein pluralistischer Vielvölkerstaat und eine offene Gesellschaft ist
(Wolfgang Bergthaler aus Delhi)
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