Führungsstil auf indisch

In den letzten Monaten konnte ich durch mein berufliches Engagement in Indien extrem viel lernen, was Firmenkultur und -kommunikation sowie Zusammenarbeit und Führungsstil betrifft
. Meine Beobachtungen sind natürlich subjektiv, ich möchte sie aber trotzdem an dieser Stelle teilen.

Vorgesetzte in Indien zeichnen sich durch folgende Charaktereigenschaften aus:

  • Autoritär: Führungskräfte demonstrieren stets ihre Macht und ihren Status. Oft führen sie ihr Team wie ein Patriarch seinen Clan – autokratisch wie ein Pate. Er/Sie genießt uneingeschränkten Respekt seiner ergebenen Anhänger. Hart aber herzlich.
  • Empathisch: Trotz der großen Machtdistanz entwickeln Vorgesetzte Vater- bzw. Muttergefühle für ihre MitarbeiterInnen. Es wird eine sehr persönliche oft auch familiäre Beziehung gepflegt – wobei aber die Autorität nie in Frage gestellt wird. Also familiär, aber nicht amikal; kooperativ, aber nicht auf Augenhöhe.
  • Fachlich kompetent: In Ausbildung und Kompetenz können die Mitarbeiter ihren Vorgesetzten quasi nie das Wasser reichen. Entweder hatten sie nicht die gleichen Voraussetzungen bei Bildung oder sie sind noch so jung, dass sie erst durch Erfahrung wachsen müssen.
  • Dynamisch bis chaotisch: Entscheidungen werden oft aus dem Buch heraus getroffen. Taktik und kurzfristige Aktionen und Reaktionen sind wichtiger als langfristige strategische Planung. Was gestern galt, ist heute anders, um die Entscheidungen morgen doch nochmal zu revidieren.
  • Fordernd: Manager bzw. Firmen-Eigentümer verlangen ihren Mitarbeitern eine Menge ab. Leistung ist gefordert – mit Zuckerbrot und Peitsche!

  • Vernetzt: Netzwerken ist in Indien alles. Das Netzwerk der Familie, Kaste, Community, College, Clubs und Vereine ist von entscheidender Bedeutung für den Geschäftserfolg. Dieses wird täglich benutzt aber auch gepflegt.

  • Mündlich: Indien ist eine „orale“ Kultur, schriftliche Dokumentation spielt kaum eine Rolle. Die Kommunikation läuft direkt, persönlich und mündlich. Mit allen Interpretationspielräumen im Nachhinein.

  • Delegierend: Outsourcing ist alles. Vieles wird delegiert, auch wenn man es alleine schneller und besser gemacht hätte.

  • Familiär: Vor allem Unternehmen beziehen ihre gesamte Familie in das Geschäftsleben mit ein. Insbesondere die Eltern spielen eine wichtige Rolle, auch wenn sie schon lange offiziell nicht mehr in der Firma sind.

  • Und oft auch etwas abergläubisch. Religiöse Riten und spezielle Tage werden strikt eingehalten um die Götter für den Geschäftserfolg gnädig zu stimmen.

(Wolfgang Bergthaler)

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