Nach meinen gestrigen Beobachtungen zum Führungsstil indischer Manager widmen wir uns heute der Beschreibung der typischen indischen Arbeitnehmer. Indische Mitarbeiter zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:
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Loyalität zu ihren Arbeitgebern, in guten sowie in schlechten Zeiten. Sie identifizieren sich typischerweise überdurchschnittlich mit ihrem Arbeitgeber, zeigen absolute Treue.
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Respekt gegenüber ihres Vorgesetzten. Kritik wird nie geäußert. Die Hierarchie steht nie zur Disposition. Die (steilen) Hierarchien werden eingehalten und gelebt.
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(Blindes) Vertrauen in die Strategie der Führungskraft. Alles was der Chef sagt, wird gemacht, auch wenn es noch so wenig Sinn macht.
- Hunger: Indische Mitarbeiter wollen sich entwickeln, fachlich wie Karriere-technisch. Leistung zählt, sie muss aber auch anerkannt werden.
- Liebesbedürftigkeit: Mitarbeiter brauchen Anerkennung und Lob von ihren Vorgesetzten, wie ein Kind von seinen Eltern.
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Status-Orientierung und Ambition: Status ist einer der dominierenden Werte in der indischen Gesellschaft. Man definiert sich in der Gesellschaft u.a. durch seine Position in der Firma. Daher muss man seine Mitarbeiter auch laufend befördern, sonst verlieren sie die Motivation und wechseln den Job. Die Position ist mindestens so wichtig wie das Gehalt.
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„Unselbstständigkeit“: In Indien wird von den Mitarbeitern viel weniger selbst entschieden als in Europa. Selbstständiges Arbeiten nach „Briefing“ und Kick-Off ist die Ausnahme. In der Regel arbeitet der Vorgesetzte mit seinem Team eng zusammen, führt ganz eng, delegiert permanent und bricht die Aufgaben in kleinste Arbeitspakete herunter („Salami Taktik“). Das erinnert mich oft an einen Zirkusdirektor beziehungsweise an einen Dirigenten – im Vergleich zu Europa, wo der Chef meist nur der Teamchef an der Outline ist.
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Der Wettbewerb in Indien ist immer enorm, egal ob Schule oder Arbeit. Es geht immer darum besser zu sein als die anderen. Besser sein bedeutet seinem Chef mehr zu gefallen, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, mehr Lob, mehr Geld, einen schnelleren Aufstieg in der Firmenhierarchie. Daher funktioniert Teamwork in Indien auch ganz selten. Jeder ist sich selbst der Nächste. Teilen und Zusammenarbeit werden schwierig.
Generell ist die Beziehung zwischen Vorgesetzt und Angestellten geprägt von Emotionen. Alle Entscheidungen und Kommunikation spielt sich auf der Beziehungsebene ab, nicht auf der Sachebene. Konflikte werden vermieden, weil eine sachliche Auseinandersetzung (ohne persönliche Kränkungen) oft nicht möglich ist.
Ich bin der Meinung, dass nur Inder in der Lage sind Inder zu führen. Werte, Einstellungen, Methoden und Verhaltensweisen sind zu unterschiedlich
. Die Firmenstrukturen in Indien ähneln einer traditionellen Familienstruktur, in der ein Patriarch einen Clan anführt. Wer aber gerne Zirkusdirektor spielt, kann auch ein indisches Team führen – ansonsten suchen Sie sich lieber einen Inder, dem Sie 200%-ig vertrauen und der Ihr indisches Team managt.
(Wolfgang Bergthaler)
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