Ennovent ist eine „Social Venture Capital Firm for India“. Indische Wirtschaft sprach mit Peter Scheuch, dem Gründer und Geschäftsführer, über sein Unternehmen, Indien und Social Entrepreneurship.
IW: Gib unseren Lesern bitte erstmal einen kurzen Background zu deiner Person.
PS: Zuerst habe ich eine technische Ausbildung absolviert, später einen Abschluss in Umweltmanagement in Österreich und einen in Protected Landscape Management in England gemacht. Danach habe ich über zehn Jahre in Asien und Afrika für NGOs – u.a. CARE, WWF, IUCN – Umwelt- und Sozialprojekte entwickelt, unterstützt und evaluiert. Seit 2004 lebe ich teilweise in Nepal.
IW: Verrate uns wie du zum Thema, und warum zur Überzeugung „Social Entrepreneurship“ gekommen bist.
PS: Wir verwenden den Begriff „Social Entrepreneur“ eigentlich gar nicht. Uns ist nur wichtig, dass ein Unternehmen Produkte oder Services für die so genannte „Base of the Pyramid“ (BoP) in Indien anbietet. Produkte, die auch einen nachhaltigen „Impact“ haben – sozial, wirtschaftlich und für die Umwelt.
Wir haben viele Unternehmer und Investoren getroffen, die den Begriff „Social Entrepreneurship“ noch nie gehört haben und damit auch nichts anfangen können. Ich glaube das ist heute schon oft ein Modewort, das von gewissen Organisationen zu Marketingzwecken gebraucht wird.
IW: Ennovent investiert in – nennen wir sie – Social Businesses in Indien. Welche Leistungen bietet ihr ganz konkret an?
PS: Wir konzentrieren uns auf die drei Bereiche: (1) Discover, (2) Finance und (3) Scale.
Discover: Um die besten Lösungen für die Probleme der „Base of the Pyramid“ zu identifizieren, machen wir so genannte Challenges – mit Hilfe unserer eigenen Crowdsourcing Plattform www.ennovent.com
Finance: Über unseren Fond investieren wir dann unter Umständen in die Firmen mit den besten Lösungen und Produkten. Neben unserem eigenen Fund starten wir gerade mit unserem „Impact Circle“. Das ist eine Gruppe von Investoren, High Net Worth Individuals, Stiftungen, Unternehmen, die mit uns in Unternehmen co-investieren beziehungsweise andere Kapitalformen, wie Kredite, zur Verfügung stellen.
Scale: Junge Unternehmen brauchen neben Kapital auch noch andere Unterstützung. Daher bieten wir ihnen an, Ressourcen über unser Netzwerk zu finden, offline wie online – ebenso über unsere Croudsourcing-Plattform.
IW: Was genau kann Eure Internet-Plattform leisten und inwiefern ist diese auch für unsere Leser, also Leute in Europa, interessant?
PS: Unternehmen, Investoren und Experten können sich kostenlos registrieren und sich ein Bild von wichtigen Playern in Indien in diesem Bereich machen. Es gibt auch viele Unternehmer in Europa, die Lösungen für die BoP haben. Wir geben ihnen alle eine Plattform sich zu präsentieren und sich zu vernetzen, mit Gleichgesinnten, Geldgebern oder Mentoren. Experten könnten Projekte akquirieren, Jobs finden oder freiwillig ihre Expertise zur Verfügung stellen.
Investoren können auch Mitglied in unserem Impact Circle werden oder direkt in unseren Fund investieren.
IW:Warum ist Euer Fokus gerade Indien? Was macht den indischen Markt so interessant?
PS: Indien hat die meisten armen Menschen weltweit – trotz des hohen wirtschaftlichen Wachstums. Im Gegensatz zum wirtschaftlichen Wachstum, hat sich bei der nachhaltigen Entwicklung die Situation seit 1990 verschlechtert. So ist Indien bei vielen Indikatoren Schlusslicht im Vergleich zu den anderen fünf südasiatischen Staaten.
IW: Du hast die letzten Jahre hunderte Start-ups mit Sustainable Impact kennen gelernt und evaluiert. In welchem Sektor siehst du persönlich das größte Innovationspotential?
PS: Energie, Gesundheit und Bildung sind sehr wichtige Sektoren und viele dieser Unternehmen konzentrieren sich auf diese Branchen.
IW: Hast du ein eigenes Beispiel aus diesen Sektoren?
PS: Ja, sogar eines das Energie und Bildung verbindet. Wir haben gerade in Barefoot Power, ein Unternehmen im Bereich erneuerbare Energie (vor allem Licht; Stichwort „rural lighting“), investiert. Die meisten Unternehmen in diesem Bereich verkaufen lediglich Solarlampen. Zusammen mit Selco installiert Barefoot Solarpanele auf den Dächern von Schulen, wo es dann Ladestationen gibt. Die Schüler gehen mit ihrem „Battery Pack“ zur Schule, laden dort die Akkus auf und nehmen sie am Abend wieder nach Hause. Zu Hause wird das „Battery Pack“ dann an die Lampe angeschlossen, die Licht zum Lernen gibt. Dieses Modell hat den Vorteil, dass die Eltern die Kinder zur Schule schicken, damit die Familie dann am Abend Strom hat. Dadurch gehen die Kinder auch öfter zur Schule.
IW: Auch die besten und nützlichsten Produkte (Toiletten, Wasserdesinfektion, Bildung etc) werden vom BoP-Markt nicht angenommen, weil die die Armen ihr Geld dann doch oft lieber in Handys, Unterhaltung oder Genussmittel (Tabak, Alkohol etc) „investieren“. Was begeistert die BoP Kunden wirklich?
PS: Das stimmt, ich denke die Aspekte Status und Unterhaltung werden absolut unterschätzt. Viele sehen nur die „Needs“ und nicht die „Wants“ dieser (ärmeren) Kundengruppe. Genauso wie bei uns im Westen geht es der Base of the Pyramid auch (oder oft noch mehr) um Status und Ansehen. Ein Handy, eine Solarlampe oder ein Fernsehgerät muss diese Aspekte absolut berücksichtigen. Ein Produkt verkauft sich nur dann erfolgreich, wenn es „aspiring“ ist beziehungsweise auch zur Unterhaltung dient.
IW: Du hast ein Team verstreut in ganz Indien, arbeitest aber selbst meist aus Wien. Wie wählst du deine Leute aus und wie managst und motivierst du dein Team. An Personalauswahl und Führung scheitern offensichtlich die meisten Europäer
. Hast du ein paar Tipps.
PS: Bei uns sind die meisten Mitarbeiter Intraprenuers. Jeder hat seinen eigenen Bereich und daher auch unternehmerische und finanzielle Verantwortung. Das ist für die Motivation extrem wichtig! Die Auswahl der Personen erfolgt fast ausschließlich über Referenzen unseres Netzwerks, das wir uns über die letzten Jahre aufgebaut haben. Und Netzwerk ist in Indien alles. Durch modernen Kommunikations-Technologien wie Skype, Google-Docs, CRM ist es heute möglich kostengünstig zu kommunizierten und koordinieren. Diese Tools muss man einfach täglich nutzen. Alle 3 Monate reise ich auch nach Indien und dann trifft sich das ganze Team.
Mehr Information über Ennovent und die Crowd-Sourcing-Plattform finden sie auf http://www.ennovent.com/
(Aufgezeichnet von Wolfgang Bergthaler)
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