2011 ist Geschichte – das neue Jahr wird ein Schlüsseljahr für Indien. Folgende Themen und Herausforderungen werden darüber entscheiden ob Indiens Wirtschaft wieder volle Fahrt aufnimmt oder im derzeitigen Zwischentief verharrt ohne die anstehenden Probleme zu lösen und vorhandenen Potentiale zu nutzen.
- Weltwirtschaft: Natürlich leidet auch Indien unter der Stagnation und wirtschaftlichen Unsicherheit der USA und in Europa. Indien ist zwar bei weitem nicht so stark vom Export abhängig wie China. Trotzdem würde eine Rezession Indien das eine oder andere Prozent an Wachstum kosten. Am meisten sind davon die IT-Outsourcing-Unternehmen betroffen. Eine globale Wirtschaftskrise ist für Indien aber eher eine mentale Belastung, denn eine Realwirtschaftliche.
- Finanzmärkte: Stärker als die Realwirtschaft leidet der indische Finanzmarkt unter den aktuellen Unsicherheiten. Obwohl Indien in den kommenden zehn Jahren weiterhin nachhaltig hohes Wachstum garantiert, zogen internationale institutionelle Investoren in den letzten Monaten ihr Geld aus dem Subkontinent ab
. Wenn sich die Investoren jedoch wieder auf die Fundamentaldaten besinnen und etwas längerfristiger veranlagen, kommt das Geld und damit das Vertrauen der Märkte und Unternehmer schnell wieder zurück. Davon wird auch der Sensex profitieren und viele neue Unternehmen an die Börse bringen. Jetzt ist ein besonders guter Zeitpunkt zu investieren.
- Rupie & Wechselkurs: In den letzten zwei / drei Quartalen hat die indische Rupie im Vergleich zu Euro und Dollar um die 20 Prozent verloren. Auch hier spiegeln die Märkte nicht die Realität wieder und haben überreagiert. Ein Rebound der Rupie steht bevor, insbesondere wenn sich die Schuldenkrise in den USA beziehungsweise der EU verschärft.
- Zinssatz: Die Hochzins-Politik Indiens scheint ein Ende zu finden. In den letzten Jahren hob die Reserve Bank of India den Leitzinssatz mehr als zehn mal an – mit dem Ziel der Inflationsbekämpfung. Da sich das Wirtschaftswachstum aber abschwächt, scheint es in den kommenden Monaten zu mehreren Zinssenkungen nach unten zu kommen. Indien muss den Spagat aus Wachstum, Geldwertstabilität und Wechselkurs meistern.
- Inflation: Die Inflation (auf Basis der Großhandelspreise) lag die letzten Jahren konstant um 10%. Auch hier scheint sich Beruhigung einzustellen. Vor wenigen Tagen wurde ein Vierjahrestief verzeichnet. Ob die Preise nachhaltig langsamer steigen, wird sich in den kommenden Monaten erst zeigen. Die Regierung wird für die Preissteigerung verantwortlich gemacht. Viele setzen sich für Intervention und festgesetzte Preis ein.
- Politik und Korruption: Schon lange nicht mehr war in Indien die Unzufriedenheit mit der Politik so groß. Die regierende Congress-Partei um die Partei-Chefin Sonia Gandhi und Premierminister Manmohan Singh steckt tief im Korruptionssumpf und hat auf die derzeitigen politischen Herausforderungen kaum Antworten. Aber auch die Oppositionsparteien unter Führung der BJP bieten mangels fähigen Personal kaum Alternativen aber einen einfacheren Job. Gandhi und Singh sind jedoch zum Erfolg verdammt, sonst finden sie sich nach den nächsten Wahlen auf der Oppositionsbank wider.
- Schwarzgeld & Schattenwirtschaft: Indiens Eliten haben ihr Geld steuerschonend am Fiskus vorbei auf sichere Schweizer Bankkonten gebracht. Dort liegen geschätzte Vermögen in der Höhe des indischen Bruttoinlandsprodukts. Diese Geld wäre dem Finanzminister sowie der Realwirtschaft im eigenen Land sehr dienlich. Politik und Verwaltung verschärfen die Auflagen für Zahlungsverkehr immer mehr. Einfache Überweisungen werden damit zur Qual. Je mehr der Finanzbereich reguliert und organisiert wird, desto weniger Geld soll dem Staat entgehen. Aber je strenger die Bestimmungen und Überwachungen werden, desto größer wird der Bedarf an inoffiziellen Kanälen für Geld. Auf der anderen Seite könnte „Mobile Banking“ und die daraus resultierende „Financial Inclusion“ den Durchbruch schaffen.
- Retail-Sektor: Die Öffnung des Einzelhandels für ausländische Investoren wurde nach schnellem Vorstoß wieder gestoppt. Ob internationale Handelskonzerne für Indiens Wirtschaft mehr Nutzen oder mehr Schaden bringen, können derzeit wahrscheinlich die wenigsten sagen. Derzeit wird das Thema eher populistisch von den Parteien genutzt.
Die Redaktion von Indische-Wirtschaft wünscht der indischen Wirtschaft viel Glück im Neuen Jahr.
(Wolfgang Bergthaler)
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