Die Finanz-Krise war das Beste was Indien passieren konnte

Indien ist relativ Krisen-resistent. Der starke Binnenkonsum stützt die Wirtschaft, die wenig vom Export und seinen Schwankungen abhängig ist. Einzig der IT- und Software Sektor, der in den letzten zehn bis zwanzig Jahren entstanden ist, exportiert Dienstleistungen in der Höhe von mehreren duzend Milliarden US Dollar. Diese Branche war es auch die litt, als in den Jahren 2009/2010 die (Welt)wirtschaft als Folge des Finanz-Crashs schwächelte. Amerikanische Banken und Versicherungen, Hauptkunden der indischen Outsourcing-Dienstleister, kürzten ihre IT Budgets und stornierten Projekte. Die stolze und selbstbewusste Branche war angeschlagen. Indiens Vorzeige-Unternehmen wie TCS, Wipro, Infosys & Co, aber vor allem die kleineren Unternehmen, mussten tausende Stellen abbauten beziehungsweise die Gehälter einfrieren.

Aus dem Corporate Tower in die Start-up Garage

Krise hin oder her – viele der talentiertesten Mitarbeiter wollten auf ihre gewohnte 20-prozentige Gehaltssteigung nicht mehr verzichten und kündigten selbstbewusst ihre Jobs in Corporate India. Noch härter traf es ihre Landsleute in Übersee. Zur gleichen Zeit verloren auf Grund der Krise tausende Inder in den Vereinigten Staaten ihre Jobs und kehrten wieder nach Indien zurück.

Um 2009 begannen also mehrere tausend Indiens bester Ingenieure an ihren eigenen Ideen zu arbeiten. An Know-how und Geld fehlte es ihnen nicht. Sie alle arbeiteten vorher für die besten und größten Unternehmen der Welt. Außerdem kam ihnen Cloud Computing und SaaS-Modelle (Software as a Service) gerade recht. Nun war es möglich Hardware, Speicher und Rechenleistung flexibel zu anzumieten, ohne Investitionskosten vor ab (pay per use).

Heute, zwei drei Jahre später, sehen wir das Ergebnis der Krise – in Form von hunderten hochkarätigen Start-ups in Indien. Die meisten davon haben Produkte und Services für den indischen Markt entwickelt. Das liegt nicht nur daran, dass sie den indischen Markt sehr gut verstehen, sondern schlicht und einfach daran dass der indische Markt gewaltiges Potential darstellt
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e-Commerce, Mehrwert-Services, Mobile Computing und Enterprise-Solutions

Mehr als 100 Millionen Internet User wollen heute online shoppen und Content konsumieren. Der größte Hype spielt sich aktuell um e-Commerce ab. Erst vorletzte Woche ist der weltweit größte Online Händler Amazon in den Ring gestiegen.

700 Millionen Handy-Benutzer wollen mehr als Sprachtelefonie. Mehrwert-Services (SMS, IVR Portale) ist immer noch ein attraktiver Milliardenmarkt, insbesondere im Unterhaltungsbereich.

Der größte Treiber ist heute mit Sicherheit „Mobile Computing“. Seit Ende 2010 wird 3G (UMTS) flächendeckend ausgerollt und Android-basierte Smartphones sind mittlerweile um 100 Dollar erhältlich. In den kommenden fünf Jahren werden diese Endgeräte inklusive Datendienste den Massenmarkt durchdringen und Indiens Basis-Infrastruktur für Verwaltung (m-governance), Finanzdienstleistungen (m-banking, m-payment) und Gesundsheitsdienstleistungen (m-health).

Außerdem haben Indiens KMUs (Klein- & Mittelunternehmen) Aufholbedarf bei Software und Services.

Egal ob Mobil- oder Web-basiert, Information oder Unterhaltung, Consumer oder Business-Solutions – der indische Markt für Software und Services boomt. Daraus ergibt sich ein unendliches Geschäftspotential für die junge Generation an Technologie Unternehmern Indiens.

Ein USD 1.000 Milliarden Markt!?

Heute ist das junge indische „Start-up Ecosystem“ bereits die Zukunftshoffnung der ganzen Branche. NASSCOM möchte in den kommenden zehn Jahren den indischen IT Sektor zu einem USD 1.000 Milliarden-Markt machen. Derzeit ist er „lediglich“ 100 Milliarden schwer. Aber schon in den letzten zehn Jahren wuchs die Branche um den Faktor 10. Um aber 1 Billion zu erreichen kann sich die Branche nicht mehr auf die Dienstleister und Outsourcer verlassen, sondern muss Unternehmen wie Google und Facebook hervorbringen. Indien muss DIE globale Destination für Start-ups werden und mit dem Silicon Valley gleich ziehen. Eine Vision, für die sich lohnt, alles zu unternehmen (im wahrsten Sinne des Wortes).

(Wolfgang Bergthaler)

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