Mit dem Billigflieger Kingfisher Airlines droht erstmals eine private Fluggesellschaft in die Knie zu gehen
. Das Unternehmen des schillernden Milliardärs Vijay Mallya ringt derzeit mit den Banken um eine Rettung in letzter Minute: Hunderte Flüge mussten bereits gestrichen werden, Piloten kündigen reihenweise, und die Konten sind nach Angaben der Firma von den Steuerbehörden eingefroren worden – somit fehlt Geld für den operativen Betrieb. “Der Alarmknopf ist gedrückt”, sagte ein Pilot von Kingfisher Reuters.
Mit einem Schuldenberg von mindestens 1,3 Milliarden Dollar steht Kingfisher am Rande des Kollapses. Die Lage des Billigfliegers wirft ein Schlaglicht auf die gesamte Branche: Die Probleme sind auch das Ergebnis der starken Regulierung des indischen Luftfahrtsektors und seiner Abschottung vom Ausland.
Internationale Fluggesellschaften wie die Deutsche Lufthansa oder British Airways dürfen sich derzeit nicht im großen Stil direkt an indischen Anbietern beteiligen – damit bleibt für die Branche eine wichtige Quelle für frisches Kapital verschlossen. Ein Gesetz, ausländische Beteiligungen von bis zu 49 Prozent zu erlauben, ist nach offiziellen Angaben in Arbeit, lässt aber auf sich warten. Der zuständige Luftfahrtminister Ajit Singh sagte vor knapp zwei Wochen, eine Vorlage dafür werde dem Kabinett “bald” übermittelt. Der Zeitplan ist damit offen.
Detailhandel als Negativentwicklung
Die indische Regierung hat sich zuletzt mit Reformen nicht gerade hervorgetan: Eine Öffnung des Einzelhandels für ausländische Firmen – ähnlich dem Vorhaben für die Luftfahrtbranche – zog sie nach langem Gezerre wieder zurück. Doch ohne größere Veränderung der staatlichen Rahmenbedingungen und der Wettbewerbssituation dürfte kein internationaler Anbieter bereit sein, Geld in Indien zu investieren. Lufthansa, British Airways und Singapore Airlines haben bereits Interesse signalisiert, sich auf dem Subkontinent zu engagieren. Bevor die Reform aber nicht Realität wird, wollen sie sich nicht näher dazu äußern.
Der 56-jährige Verwaltungsratsvorsitzende von Kingfisher gibt der Regierung die Schuld an der Misere. “Wir haben von unseren Banken Kapital angefragt, doch sie vertreten die Ansicht, dass die Regierungspolitik für die Branche nicht günstig ist”, sagte Mallya. Eine staatliche Rettung ist nach Angaben der Regierung ausgeschlossen.
Fast alle Airlines in den roten Zahlen
Fünf der sechs großen Fluggesellschaften in Indien schreiben Verluste. Branchenexperten rechnen damit, dass sie in den zwölf Monaten bis Ende März zusammen ein Minus von rund drei Milliarden Dollar anhäufen werden. Insgesamt steckt der Sektor mit 20 Milliarden Dollar in den roten Zahlen. Der Wettbewerb ist hart und die Kosten sind besonders hoch, weil der Staat Kerosin stark besteuert. Immerhin ist die Politik der Branche in diesem Punkt entgegengekommen: Inzwischen dürfen die Fluggesellschaften ihren Treibstoff direkt aus dem Ausland importieren und können damit auf Kostensenkungen von bis zu 20 Prozent hoffen.
Für Kingfisher droht die Entscheidung zu spät zu kommen. Die Gesellschaft kann ihren Flugplan schon seit Tagen nicht einhalten. Tausende Reisende sind auf den Flughäfen Indiens gestrandet. Von 64 Flugzeugen der Gesellschaft war nur noch knapp die Hälfte im Einsatz.
(Reuters)
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