Rupien

Indiens Wirtschaft kühlt sich spürbar ab

Indiens Wirtschaft kühlt sich spürbar ab, sei aber für – erfahrene – österreichische Exporteure trotzdem ein vielversprechender Markt, den man nicht vernachlässigen könne, wie der Handelsdelegierte der Wirtschaftskammer Österreich, Hans-Jörg Hörtnagl, am Dienstag vor Journalisten in Wien betonte. “Jeder Vierte unter 20 Jahren auf der Welt ist Inder.” Das Wirtschaftswachstum ging im Finanzjahr 2011/12 (per Ende März) von vorläufig 8,4 Prozent auf geschätzte 6,5 Prozent zurück – das war der schwächste BIP-Anstieg seit neun Jahren. Die Eurokrise schlägt auch in Indien durch.

In den kommenden Jahren wird das Wachstum voraussichtlich zwischen 5,5 und 6,5 Prozent verharren. Die Eurokrise trägt auch dazu bei. “Seit einem halben Jahr spürt man das”, so Hörtnagl. Die Krise beeinträchtigt den Zufluss von Auslandskapital. Auch die hohen Rohstoffkosten belasten das Land – 80 Prozent seines Ölbedarfs muss Indien importieren. Die Preise für die Braun- und Steinkohleimporte aus Indonesien haben sich im vergangenen Jahr auch verdoppelt. 60 Prozent der Stromerzeugung in Indien erfolgen in kalorischen Kraftwerken
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Hohe Inflation

Neben dem internationalen Umfeld, das die Stimmung der Investoren, Konsumenten und Unternehmen dämpft, nannte der österreichische Wirtschaftsdelegierte die hohe Inflation von 9 Prozent als einen der “hausgemachten Faktoren”, welche die Wirtschaft des Landes bremsen. Die Nationalbank in Indien habe massiv auf den Preisauftrieb reagiert und den Leitzins im vergangenen Jahr 13 Mal erhöht. Indiens Leistungsbilanzdefizit beläuft sich auf 48 Mrd. Dollar (38,1 Mrd. Euro), die Staatsverschuldung hat sich erhöht und erreicht nun 66,2 Prozent des BIP, das Budgetdefizit liegt bei 5,9 Prozent.

Mit einem Wirtschaftswachstum um die 6 Prozent ist Indien immer noch die am drittschnellsten wachsende Wirtschaft unter den G-20-Ländern – hinter China und Indonesien – und liegt über dem weltweiten Durchschnitt. Die Exporte des Landes legten 2011 um 21 Prozent auf 304 Mrd. Dollar zu, die Importe kletterten um 32 Prozent auf 489 Mrd. Dollar.

Zwei Drittel der indischen Bevölkerung sind direkt von der Landwirtschaft abhängig und leben auf dem Land, also außerhalb der vier bis sechs großen wirtschaftlichen Zentren. 300 Millionen sind absolut arm. Allerdings gibt es eine wachsende kaufkräftige Mittelschicht mit etwa 250 Millionen Konsumenten, umriss Hörtnagl das Potenzial.

Das Hauptproblem für Investoren sei die mangelnde Infrastruktur. Die Standortkosten in Indien sind dem Handelsdelegierten zufolge höher als etwa in China. “Man geht nicht nach Indien für Drittmärkte, sondern für die lokale Produktion.” Die Exportabwicklung sei etwa in Bangladesch rascher. Indien sei “eine der letzten großen Volkswirtschaften mit enormen Aufholpotenzial”.

(apa)

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von

Wolfgang Bergthaler

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