Persönliche Erfahrungen: Verkauf digitaler Güter in Indien (Teil 2)

Als Fortsetzung meines gestrigen Artikels möchte ich nun die Ergebnisse meines internet-Vertriebs von digitalen Produkten am indischen Markt zusammenfassen. So verheißungsvoll die Testphase verlaufen ist, so niederschmetternd war dann die tatsächliche Vermarktung des fertigen eBooks „How to Find your Job in Germany“. Auf Basis meiner Marktstudie sollte ich

  • mit mehreren hundert Google-Suchanfragen pro Tag,
  • vernünftigen Click-Rates (1% bis 5%) sowie
  • Conversion Rates von zumindest 5%

rechnen. Das würde etwa 2 Euro Akquisekosten pro Neukunde bedeuten und gute Margen versprechen. Die ersten beiden Annahmen trafen auch weiterhin zu, nur bei den Kaufquote hab ich den Indien-spezifischen Diskontierungs-Faktor nicht eingeplant.

Meine Google Anzeige wurde in einer Woche fast 14.000 Mal geschalten. 508 Inder clickten (für 11 Cent CPC) auf die Kleinanzeige und gelangten somit auf meine Landing Page, um sich dort 1:30 Minuten umzusehen. Das entspricht einer sehenswerten Click Rate von 3,64 Prozent und spricht dafür, dass Inserat sowie Landing-Page attraktiv waren.

Von den 508 Besuchern, kauften dann aber lediglich drei das Buch. Das entspricht einer Conversion-Rate von enttäuschenden 0,6 Prozent. Auf die Werbeausgaben gerechnet kostet mir die Akquise eines Kunden 19 Euro (statt 2)! Um die Akquise-Kosten zu decken, müsste ich aber mindestens so teuer verkaufen. Ein Deutscher würde für guten Content wohl so viel zu bezahlen bereit sein, aber eben nicht ein Inder.

Da sich das Desaster schon nach 1-2 Tagen abgezeichnet hat, habe ich relativ rasch begonnen mit dem Preis zu experimentieren um den so genannten „Sweet Spot“ zu finden. Wo liegt der Preis, den die Inder bereit sind zu bezahlen? So habe ich die ersten drei Tage das Buch um EUR 9,99 (Rs 699) angeboten und lediglich ein Exemplar verkauft. Dann habe ich den Preis auf EUR 6,90 gesenkt und in drei Tagen wieder nur ein Exemplar verkauft. Die letzten drei Tage hab ich das Buch um EUR 1,99 Tage angeboten und wieder nur ein eBook verkauft. Also auch der Kampfpreis hat nicht viel genutzt. Nun ist es amtlich: Der Sweet Spot liegt in Indien exakt bei EUR 0,00.

Damit bestätigt sich wieder einmal was ich eigentlich schon längst wusste (besser wissen sollte): Inder bezahlen nichts für Content, nicht mal für eine Beratungsleistung und schon gar nicht im Internet. Insgeheim hoffte ich aber, dass im Internet andere Regeln gelten. In Wahrheit treten im virtuellen Raum die indischen Verhaltensmuster aber noch extremer zu Tage. Zur in Indien so beliebten Freeconomy habe ich ja schon mal ausführlicher geblogged: https://www.indische-wirtschaft.de/index.php/2010/09/14/der-dienstleistungs-sektor-als-freeconomy

Bemerkenswert ist im Nachhinein trotzdem, dass in der Testphase jeder dritte Besucher seine e-mail Adresse hinterlassen hatte – obwohl ich auf ein käufliches Produkt hingewiesen habe.

Weil ich ja schon meine Landing Page zum Dating-Thema parat hatte, habe ich dafür trotzdem eine AdWords Kampagne durchgeführt – mit dem Ziel, dass die Interessierten einen kurzen Online-Fragebogen ausfüllen, der mir helfen sollte das e-Commerce Verhalten meiner „Kunden“ zu verstehen. Click-Rates, CPCs und Conversations waren ziemlich ähnlich wie bei meinem anderen virtuellen Produkt. Ich möchte Ihnen aber auch noch ein paar Ergebnisse meiner Internet-Marktforschung präsentieren:

  • 100% der Befragten waren Männer
  • Lediglich 12,5 Prozent wären bereit für eine App bzw ein eBook „How to get your date“ zu bezahlen
  • Die Frage nach der Zahlungsart stellt sich in dem Falle gar nicht mehr.
  • 60% wollen ein eBook (PDF), 40% eine Android App.

Diese Ergebnisse können Sie nun selbst für sich beurteilen. Natürlich ist auch dieses Produkt kein Business Case
. Damit habe ich auch dieses Projekt ad acta gelegt, bevor es noch mehr Geld und Zeit verschlingt. Die Erkenntnisse waren wieder einmal eindrucksvoll, eindeutig und einfach typisch indisch.

(Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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