Führung in Indien: Auf die Werte kommt es an!

Der Führungsstil in Indien kann als hierarchisch und teilweise autokratisch beschrieben werden, im Gegensatz zu Mitteleuropa, wo ein offener und partizipativer Ansatz bevorzugt wird.

Viele Probleme in indischen Organisationen entstehen dadurch, dass europäische Führungskräfte nicht die Erwartungen ihrer indischen Mitarbeiter erfüllen. Interkulturelle Unterschiede zu verstehen und das Managementverhalten entsprechend anzupassen, insbesondere in Bezug auf Hierarchien, Kommunikation und Entscheidungsprozesse, ist erfolgsentscheidend.

Hierarchie, Familie und Beziehungen, aber auch Religion, sind zentrale Bestandteile der indischen Kultur. Der Einklang zwischen persönlichem und beruflichem Leben ist wichtig, und ethische Grundsätze, wie zum Beispiel “Dharma” (moralische Pflicht), beeinflussen das Verhalten von Angestellten sowie Führungskräften. Außerdem sind aber auch Geld, Status und Erfolgsstreben wichtige Treiber dieser Gesellschaft, an der Schwelle zwischen Tradition und Fortschritt.  

Die (Unternehmens-)Führung in Indien wird stark von diesen kulturellen Werten beeinflusst. Sie haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Kommunikation, Führungsstile und Geschäftsprozesse.

Kommunikation in Indien

In Indien wird oft eine indirekte Kommunikationsweise bevorzugt. Direkte Ablehnung oder negative Antworten werden vermieden, um das Gesicht des Gesprächspartners zu wahren. Daher ist es wichtig, auf nonverbale Hinweise, Tonfall und Kontext zu achten, um die wahre Bedeutung der Aussagen zu verstehen.

Höflichkeit ist ein zentraler Bestandteil der indischen Kommunikation. Führungskräfte achten darauf, respektvoll und höflich zu sein, und erwarten dasselbe von ihren Mitarbeitern. Der Respekt vor Hierarchien und Älteren spielt eine entscheidende Rolle und beeinflusst den Kommunikationsstil.

Allerdings wird die Unternehmenskultur in vielen Branchen wie zum Beispiel der IT-, Kreativ- und Medienbranche durch amerikanische Einflüsse beeinflusst, sodass es dort mitunter sehr casual und kooperativ zugehen kann.  

In jedem Fall sind Beziehungen in Indien von allergrößter Bedeutung. Investitionen in den Aufbau von Vertrauen haben langfristige positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit.

Ein Verständnis für die kulturellen Unterschiede und Vielfalt in Indien ist entscheidend. Indien ist ein Land mit verschiedenen Sprachen und Traditionen. Führungskräfte, die sich dieser Vielfalt bewusst sind und diese respektieren, können eine bessere Kommunikationsgrundlage schaffen.

Führungsstil in Indien

In Indien ist es wichtig zu beachten, dass Führungsstile je nach Branche, Organisation und individueller Präferenz variieren können. Während kooperative Führungsansätze existieren, ist es in vielen Fällen charakteristisch für einen eher autoritären Führungsstil.

In traditionellen Hierarchien wird von Führungskräften erwartet, klare Anweisungen zu geben, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Inder:innen erwarten sich Leadership, klare Strukturen und Leitlinien, sowie eine eindeutige Befehlsketten.

Dennoch zeigt sich in modernen und international ausgerichteten Unternehmen ein Wandel hin zu kooperativeren Führungsstilen. Hierbei wird Wert auf die Einbindung der Mitarbeiter, Teamarbeit und partizipative Entscheidungsfindung gelegt. Dieser Wandel ist besonders in Branchen mit jüngeren Arbeitskräften und in Unternehmen mit internationaler Ausrichtung zu beobachten.

Sind meine Werte mit Indien kompatibel?

Ich muss gestehen. Ich selbst war in Indien noch nie in einer Führungsposition. Da meine Werte (Freiheit, Selbstbestimmung, Synarchie, Kooperation) den indischen Werten teilweise diametral widersprechen, ist fraglich, wie gut ich mich als Führungskraft in klassischen indischen Organisationen eigne.

Dass ich mich seit 20 Jahren so gut in Indien zu recht finde, liegt aber wohl auch daran, dass ich einige der wichtigsten Werte mit den Indern teile, nämlich Familie, Gemeinschaftssinn, Frugalität / Einfachheit, Entrepreneurship, Erfolgsstreben und Ambition.

Letztendlich muss jede:r seinen authentischen Zugang zu Führung und Kommunikation in Indien finden. Ich bin in/mit Indien eben nicht in einer Führungsrolle, sondern als interkultureller Vermittlung und Schnittstelle an der Schwelle zwischen beiden Kulturen. Und ich liebe diese Position!

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Beitrag veröffentlicht

von

Wolfgang Bergthaler