Vom Repräsentanten zur eigenen Vertriebsniederlassung

Es gibt noch immer eine Reihe von Unternehmen, die in Indien mittels Repräsentanten (Vertreter) – und nicht mit eigener Niederlassung – vertrieblich aktiv sind. Diese agieren eigenständig und erhalten im Erfolgsfall eine Provision für das Direktgeschäft zwischen Exporteur und Kunden. Der Repräsentant arbeitet auf eigene Rechnung und wird nicht regelmäßig bezahlt. In diesem Falle würde eine steuerliche Betriebsstätte (Permanent Establishment) entstehen, was erhebliche Risiken für alle beteiligte mit sich bringt.1

Für Unternehmen ist die Arbeit mit einem Repräsentanten die günstigste und unverbindlichste Form der Marktpräsenz. Sie birgt aber auch langfristige Risiken für den Geschäftserfolg in Indien.

Probleme mit Repräsentanten

In erster Linie hat man nur begrenzter Einfluss auf die Vermarktungsstrategie vor Ort. Die Verantwortung für die Erschließung des indischen Marktes liegt beim Handelsvertreter, was die Kontrolle über die Kommunikations- sowie Absatzstrategie stark einschränkt. Ob der Vertrieb nun systematisch oder opportunistisch passiert, entzieht sich der eigenen Kontrolle. Letztendlich kann (und muss rechtlich gesehen sogar oft) der eigene Repräsentant auch noch andere Unternehmen vertreten, sodass die Loyalität und Exklusivität mitunter kompromittiert werden. Mangelnder Fokus führt meist auch zu mangelnder Kompetenz. Die technische Komplexität europäischer Produkte erfordert allerdings spezialisierte Verkäufer, deren Interesse oft nach anfänglicher Euphorie nachlässt.

Es ist Fakt, dass nur indische Unternehmen (also vollwertige Niederlassungen), beziehungsweise deren offizielle Vertreter, Zugang zu relevanten Entscheidungsträgern im öffentlichen Sektor und großen Privatunternehmen haben. Repräsentanten gelten nicht als “Entscheidungsträger” und werden daher in Geschäftsverhandlungen im Allgemeinen nicht ernst genommen.

Skin in the game

Eine eigene Vertriebsniederlassung mag mühsamer erscheinen, bietet jedoch langfristig fast nur Vorteile im Vergleich zu Verbindungsbüro oder unabhängigem Agenten:

  • Rechtliche Sicherheit durch Vermeidung einer dauerhaften Einrichtung (Steuerlichen Betriebsstätte) und “Corporate Veil”
  • Lokale Wahrnehmung: Nur lokale Unternehmen werden von Kunden ernst genommen
  • Lokale Fakturierung: Kunden können in Rupien zahlen
  • Teilnahme an lokalen Ausschreibungen (mit staatlichen Unternehmen, Regeln für öffentliche Beschaffung, Stichwort Atmanirbhar Bharat…)
  • Möglichkeit der lokalen Beschaffung, Engineering und Fertigung (zur Kostenreduktion)

Volle Kontrolle über die Strategie in Indien, sofern die MoU, AoA zu Ihren Gunsten gestaltet sind.

Nachteile gibt es bis auf die Kosten allerdings keine. Die Gebühren für die Unternehmensregistrierung in Indien liegen in der Regel zwischen € 3.000 und € 10.000 (abhängig von der Größe der Beratungsfirma und davon, ob Sie einen dedizierten Ansprechpartner in Europa haben möchten). Die Gebühren umfassen verschiedene Registrierungen (einschließlich der Vorbereitung von Unterlagen und ihrer Beratungsgebühren).

Die Voraussetzungen für eine Pvt Ltd in Indien sind lediglich ein erforderlicher Firmensitz (könnte die Adresse eines Anwalts oder rechtlichen Beraters sein) und zwei Direktoren, wovon der „Resident Director“, in Indien ansässig sein muss.

Die Verfahren und die erforderlichen Dokumente sind auf der Website des Ministeriums für Unternehmensangelegenheiten aufgeführt.

Der Verwaltungsaufwand (Corporate Compliance) ist überschaubar und kann an einen Dienstleister ausgelagert werden. Es geht hier im weitesten Sinne um die steuerlichen, buchhalterischen und rechtlichen Meldepflichten.

Mit einer eigenen Vertriebstochterfirma sind Sie in Indien am Fahrersitz und können systematisch und strukturiert den Markt bearbeiten und relativ einfach Wachstumsraten von 25 bis 40 Prozent erzielen. Siehe auch Warum gerade jetzt Indien ein Thema sein sollte.

Lesen Sie weitere Artikel zu Themen der Unternehmensberatung Indien.

Image by PublicDomainPictures from Pixabay

  1. https://www.wko.at/steuern/betriebsstaette-internationale-steuerrecht ↩︎

Similar Posts:


Beitrag veröffentlicht

von

Wolfgang Bergthaler