Die deutsche Wirtschaft schrumpft real1 – der Österreichischen geht es auch nicht viel besser. Gerade die Industrie leidet aktuell unter der aktuellen Konjunkturflaute. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, die Gründe dafür zu erörtern. Diese sind zu einem großen Teil wohl hausgemacht und lassen sich nicht vollständig Russland (Krieg, Energiepreise) oder China (schwächelnde Nachfrage) in die Schuhe schieben.
Auch wenn das globale Wachstum laut Economic Experts Survey in diesem Jahr nur 2,6 Prozent betragen soll, wächst China immerhin mit über vier Prozent und die USA mit etwa drei Prozent. In Südostasien ist beim Wachstum gerade richtig viel Musik drinnen und Indien hat mit sieben2) Prozent sowieso gerade die Führung unter den großen Volkswirtschaften übernommen.
India – what else?
Innerhalb von drei Jahren soll Indien die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt werden, mit einem prognostizierten BIP von 5 Billionen Dollar (4,6 Billionen Euro). Damit könnte Indien nach den USA und China auf Platz 3 der größten Volkswirtschaften der Welt vorrücken und dabei Japan und Deutschland nach hinten drängen. Indien kann man also nicht mehr ignorieren. Der relative Anteil an der Weltwirtschaft steigt – laut Statista von aktuell 7,5 Prozent auf fast 9 Prozent im Jahr 2028.3
Investieren in die Vergangenheit oder Zukunft?
Bei den meisten europäischen Unternehmen liegt der Anteil Indiens am Konzernumsatz bei deutlich(!) unter 5 Prozent – während jener von China oft bei 20 bis 25 Prozent liegt.
In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen werden typischerweise Investitionen hinterfragt und Personalkosten reduziert. Man konzentriert sich mit der Kernbelegschaft die Umsätze im (großen) Heimatmarkt, insbesondere in der EU, zu stabilisieren.
Was kurzfristig selbstverständlich Sinn macht, kann mittel- bis langfristig fatale Folgen haben, wie diese fiktive Beispielrechnung zeigt.
Fiktive Beispielrechnung
Ein Unternehmen machte 2023 weltweit 100 Millionen Euro Umsatz, davon die Hälfte in Europa, 25 Prozent in China, 20 in den USA (und dem Rest der Welt) und 5 Millionen in Indien.
Gehen wir von folgendem fiktiven, aber realistischen Szenario aus: Der Umsatz in Europa stagniert die nächsten zwei Jahre und wächst dann wieder im Schnitt um 4 Prozent. Die USA und der Rest wachsen konstant um 5 Prozent. China stagniert auf Grund weiterer geopolitischer Spannungen. Durch den erstmaligen Aufbau eigener Strukturen kann der Umsatz in Indien dynamisch um 25 Prozent pro Jahr wachsen, was eine typische und gesunde Wachstumsrate darstellt.
In dem Szenario würde sich der Umsatz in Indien innerhalb von fünf Jahren verdreifachen und dann bereits 14 Prozent zum globalen Ergebnis beitragen – im Vergleich zu den 5 Prozent heute. Indien würde das überkompensieren, was in China und Europa auf Grund von diversen Krisen verlorengeht.
Dieses kleine Beispiel zeigt, dass es gerade JETZT (in der Rezession) Sinn macht, in (Vertriebs)strukturen in Indien zu investieren, oder diese auszubauen. So kann man in der Zukunft nachhaltig hohe Wachstumsraten erzielen. Auch wenn man im ersten Jahr vielleicht nur eine Million Euro (entspricht 1 Prozent des Konzernumsatz) mehr erziele, zahlt sich der Aufbau von Strukturen in Indien in jeden Fall aus. So kann es sogar gelingen innerhalb von fünf bis zehn Jahren in Indien und China Umsätze in vergleichbarer Höhe zu erzielen.
Also anstatt (am falschen Platz) zu sparen, sollte man am richtigen Ort investieren!
Wird Indien das neue China?
Deutsche Unternehmen werden aktuell von der Politik ermutigt, ihre Risiken im China-Geschäft zu reduzieren und Klumpenrisiken beim Fokussieren auf einen großen Markt stärker zu berücksichtigen. Diese Strategie ist eine Reaktion auf Chinas Drohungen gegenüber Taiwan und die enge Partnerschaft mit Russland, insbesondere im Kontext des Ukraine-Kriegs.
Auf Grund der aktuellen o.g. Wachstumsprojektionen, führt also kein Weg an Indien vorbei. Allerdings ist Indien auch kein Selbstläufer und bedarf lokales Engagement, welches die indische Regierung einfordert. Mittelfristig werden europäische Unternehmen in Indien dann dynamisch wachsen, in dem sie Fertigungskapazitäten vor Ort aufbauen.
Obwohl der Industriesektor in Indien derzeit nur etwa 18 Prozent des BIP ausmacht, sieht die indische Regierung “immense Möglichkeiten”, ein weltweit führendes Produktionszentrum zu werden. Die “Make in India“-Kampagne zielt darauf ab, den Industriesektor zu stärken, indem Unternehmen ermutigt werden, ihre Produkte im Land zu entwickeln und herzustellen. Lokale Wertschöpfung ist essenziell, um breitere Kundengruppen durch günstigere Preise anzusprechen. Frei nach dem Motto: Make in India – make for India. Wenn das keine Einladung für unsere Industrie ist…
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Titelbild von Gerd Altmann auf Pixabay
Quellen:
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/bip-deutschland-q4-100.html ↩︎
- https://www.reuters.com/world/india/india-forecasts-7-economic-growth-fiscal-202425-2024-01-29/ ↩︎
- https://www.statista.com/statistics/271328/indias-share-of-global-gross-domestic-product-gdp/ ↩︎