Warum Modi wirklich nach Österreich reist…

Erstmals seit 41 Jahren reist ein indischer Premierminister nach Österreich. Am Mittwoch, den 10. Juli 2024 empfängt Bundeskanzler Nehammer den indischen Premierminister Narendra Modi zu einem offiziellen Besuch in Wien. Dabei steht neben dem Arbeitsgespräch der beiden Regierungschefs auch ein Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf dem Programm.

Bei einem Treffen österreichischer Unternehmer:innen mit Narendra Modi und der mitreisenden hochrangigen Geschäftsdelegation aus Indien sollen Themen besprochen werden, die für die Entwicklung der Wirtschaft beider Länder von besonderer Bedeutung sind – insbesondere die Bereiche Nachhaltigkeit, neu entstehende Technologien und Lieferketten-Resilienz. Die österreichischen Firmen werden dabei die Gelegenheit haben, den indischen Gästen ihre innovativen Lösungen in den Bereichen vorzustellen…

So liest sich die Presseaussendung der WKO. Der Besuch Modis ist jedenfalls eine einmalige Gelegenheit die wirtschaftlichen Kooperationen zwischen Indien und Österreich zu stärken. Allerdings bezweifle ich, dass Modi (rein) aus wirtschaftlichen Gründen den Weg nach Wien auf sich nimmt. Denn für Indien spielt Österreich nur eine untergeordnete Rolle als Lieferant von Technologie oder als Investor.

Modi als Dealmaker im Ukrainekrieg…?

Modi kommt bei seinem ersten Auslandsbesuch nach seiner Wiederwahl nämlich unmittelbar aus Moskau, wo er zwei Tage bei seinem Freund Wladimir Putin verbracht hat1. Auch wenn nicht allzu viel Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sind, war wohl die Ukraine das alles bestimmende Thema dieses Treffens mit dem russischen Präsidenten.

Modi setzt sich für eine rasche diplomatische Lösung des Konflikts ein2, genauso wie sein amerikanischer Freund, Donald Trump, sich jüngst Gedanken zu einem baldigen Ende der Ukrainekriegs machte3. Vielleicht will Modi Wien als diplomatische Drehscheibe ins Spiel bringen. Immerhin war auch Bundeskanzler Nehammer der erste westliche Regierungschef, der im April 2022 nach Moskau zu Putin flog und den Dialog suchte.4

Wien war als neutraler Boden ja auch während dem Kalten Krieg oft Schauplatz von internationalen Friedensverhandlungen. Und ein weiterer historisch passender Fun Fact: Indiens erster Premierminister Jawaharlal Nehru spielte in den 50er Jahren angeblich eine Schlüsselrolle bei der Entstehung eines souveränen und neutralen Österreichs.5

Indien spielt in der Weltpolitik aktuell recht geschickt den Vermittler zwischen den Systemen und Machtblöcken. Mal schauen, ob Modi hier Wien in Sachen Ukraine als Dreh- und Angelpunkt benutzt, oder ob wir erst auf Donald Trump warten müssen, der im November 2024 – nach heutigem Stand – wohl die amerikanischen Präsidentenwahlen für sich entscheiden, und die (westliche) Welt wieder in Aufruhr versetzen wird…

Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen als Mega-Chance

Wenn das nicht gelingt (oder entgegen meinen Vermuten nicht im Fokus ist), ist das Treffen für wirtschaftlichen Kooperationen zwischen Indien und Österreich jedenfalls eine Mega-Chance, egal ob im Bereich der Akquirierung von Fachkräften, oder zur Förderung des Wachstums. Denn „Indien ist ein komplexer Markt, der aber gewaltiges Potenzial für unsere Exportwirtschaft birgt. Wir sprechen von der derzeit am stärksten wachsenden Volkswirtschaft unter den G20-Staaten. Schon heute stellt Indien mit 1,4 Milliarden Menschen 18 Prozent der Weltbevölkerung, erwirtschaftet aber bislang nur 3 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Wir sehen hier noch beträchtliche Chancen für Österreichs Wirtschaft“, erklärte WKÖ-Vizepräsident Wolfgang Hesoun im Vorfeld eines Treffens österreichischer Unternehmer:innen mit dem indischen Premierminister Narendra Modi.

In den letzten 10 Jahren konnten heimische Unternehmen ihre Indien-Ausfuhren auf 1,3 Mrd. Euro verdoppeln und damit einen Rekordwert erwirtschaften. Analysen des International Trade Center (ITC) weisen für heimische Unternehmen in Indien ein zusätzlich nutzbares Exportpotenzial von mehr als einer Milliarde Euro aus. Damit diese Potential gehoben werden kann, dürfen wie auch noch eine Menge von Indien lernen.

Ausgezeichnete Geschäftschancen bieten sich in den Bereichen Green Tech (Umwelttechnik) und Erneuerbare Energien, sowie bei Industrie-Modernisierung wie Anlagenbau oder Automatisierung, Automotive bzw. Mobilität und Verkehrs-Infrastruktur.

Foto Credit: Gugerell, CC0, via Wikimedia Commons
Quellen:

  1. https://www.nachrichten.at/politik/aussenpolitik/modi-lobt-russland-putin-mein-lieber-freund;art391,3964812 ↩︎
  2. https://www.livemint.com/news/world/us-urges-pm-modi-to-raise-ukraines-sovereignty-territorial-integrity-with-vladimir-putin-11720493048727.html ↩︎
  3. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/trump-verhandlungen-ukraine-krieg-russland-100.html ↩︎
  4. https://orf.at/stories/3259282 ↩︎
  5. https://www.livemint.com/politics/news/suffering-from-nehruphobia-congress-ask-pm-modi-to-recognise-jawaharlal-nehrus-role-in-establishment-of-austria-11720500782620.html ↩︎

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von

Wolfgang Bergthaler