KMUs „verlassen“ Österreich Richtung Indien
Im Sonntagsinterview mit dem KURIER wiederholte der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, sinngemäß seine Sommer-Analyse zum österreichischen Wirtschaftsstandort. Dieser stagniere aufgrund „mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und hohem Kostendruck“1 und befinde sich bereits „im dritten Jahr der Rezession“.
(M)eine Wahlempfehlung!
Auch wenn aktuell die Flutkatastrophe (und damit eng verbunden die Klimakrise) sowie das Migrationsthema die Schlagzeilen dominieren, geht es bei der Nationalratswahl am 29. September vor allem um die zukünftige Ausrichtung unserer Wirtschaftspolitik und die nachhaltige Sicherung unseres Wohlstands – nicht nur für die Boomer-Generation, die sich gerade in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet, sondern auch für meine, unsere Generation und die unserer Kinder.
Welche Konzepte zur Wahl stehen, ist wurde medial bereits umfassend diskutiert. Diese werde ich auf meinem Indien-Blog nicht weiter vertiefen oder analysieren. Dass ich stets für liberale, europäische und Freiheit-liche (im wahren Sinne des Wortes) Werte eintrete, ist den Lesern dieses Mediums bereits bekannt.
Dass Regulierung, (verordnete) Arbeitszeitverkürzung und Steuererhöhungen keine wirtschaftliche Dynamik bringen, sollte jedem logisch denkenden Menschen klar sein. Dass in Österreich jetzt dringend Handlungsbedarf besteht, möchte ich anhand einiger realer Beispiele verdeutlichen, die mir in meiner Beratungstätigkeit in den letzten Wochen begegnet sind.
Österreichische Industrie investiert jetzt in Indien
Die Industrie sieht sich derzeit mit gravierenden Herausforderungen konfrontiert. Der Fachkräftemangel, sowie zunehmende bürokratische und rechtliche Hürden erschweren es vielen mittelständischen Unternehmen (KMUs), ihre Produktion im Inland (kostendeckend) aufrechtzuerhalten oder auszubauen. Vor diesem Hintergrund ist ein neuer Trend zu beobachten: Immer mehr österreichische Unternehmen verlagern ihre Fertigung ins Ausland, insbesondere nach Indien.
Ein konkretes Beispiel dafür ist ein Unternehmen aus der Metallverarbeitung, das seinen bestehenden Produktionsstandort in Indien ausbaut, anstatt das Stammwerk in Österreich zu erweitern. Diese Entscheidung wurde vor allem aufgrund des Fachkräftemangels in Österreich getroffen. Während in Österreich hochqualifizierte Arbeitskräfte in diesem Bereich rar sind, bietet Indien eine deutlich bessere Verfügbarkeit an qualifizierten (oder zumindest ausbildungswilligen) Fachkräften. Hinzu kommen die im Vergleich zu Österreich erheblich niedrigeren Produktionskosten. Die Produktion soll jedoch nicht nur für den indischen Markt erfolgen, sondern auch für andere Märkte im Mittleren Osten und Asien, die bisher von Österreich aus bedient wurden.
Indien bietet einige Faktoren, die das Land – im Vergleich zu Österreich – als Investitionsstandort besonders attraktiv machen:
- Investitionsfreundliches Klima: Die indische Regierung fördert ausländische Direktinvestitionen und schafft kontinuierlich bessere Bedingungen für internationale Unternehmen.
- Verfügbarkeit von Fachkräften: Indien verfügt über eine große Anzahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte.
- Verbesserte Infrastruktur: Die Infrastruktur wird stetig ausgebaut, was die Logistik und den Transport von Waren erheblich erleichtert.
- Hoher Grad an Innovation: Indien investiert zunehmend in Forschung und Entwicklung und zeichnet sich durch einen hohen Innovationsgrad aus.
- Geringe Lohnstückkosten: Trotz steigender Gehälter in einigen Sektoren bleiben die Lohnstückkosten in Indien im internationalen Vergleich niedrig, was für Produktionsunternehmen von großem Vorteil ist.
IT-Outsourcing statt Fachkräfteoffensive
Auch in der IT-Branche zeigen sich erstmals ähnliche Entwicklungen. Zwei österreichische Unternehmen aus meinem Umfeld haben kürzlich angekündigt, in Indien Kapazitäten in Form eines Software Development Zentrums aufzubauen. Dies ist bemerkenswert, da Österreich Indien bisher nicht als Outsourcing-Destination genutzt hat. Die Entscheidung, nach Indien zu expandieren, wird hauptsächlich durch die hohen Lohn- und Lohnnebenkosten in Österreich vorangetrieben, die für viele Unternehmen zu einer massiven Belastung geworden sind.
Diese strategische Entscheidung der Unternehmen steht im krassen Gegensatz zu allen Initiativen der öffentlichen Hand, Wirtschaftskammer und Standortagenturen, IT-Fachkräfte nach Österreich zu holen. Dass Österreich bei Hochqualifizierten aus Indien nicht als Karrieredestination ernstgenommen wird, liegt unter anderem daran, dass zu wenig netto vom brutto bleibt. Das bringt uns zurück zum Ausgangspunkt des Artikels und der Ausrichtung unserer Wirtschaftspolitik.
Bessere Rahmenbedingungen wählen!
Die Tatsache, dass immer mehr österreichische KMUs im Ausland, und nun auch nach Indien, investieren, ist ein Weckruf für die österreichische Politik. Es müssen dringend Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Unternehmen ermöglichen, im eigenen Land zu bleiben, zu investieren und dann Hochqualifizierte ins Land zu holen, die in unsere Sozialsysteme einzahlen. Nur so kann verhindert werden, dass der Produktionsstandort Österreich weiter an Attraktivität verliert. Am 29. September haben wir die Wahl!
- https://orf.at/stories/3362815/ ↩︎
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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