Indien setzt auf Konsum statt Krise!

Während Indien im Vorjahr noch eine Wachstumsrate von 8,2 Prozent erreichte, erwartet die Regierung für das laufende Fiskaljahr nur noch ein Plus von 6,4 Prozent – das niedrigste Wachstum seit der Coronapandemie.

Dieser Umstand hat die indische Finanzministerin, Nirmala Sitharaman, am Wochenende veranlasst umfangreiche Steuererleichterungen für Privatpersonen anzukündigen. Damit will sie den Konsum stimulieren und damit die schwächelnde Binnenkonjunktur des Landes wieder ankurbeln.

Steuerentlastung als Konjunkturmotor

Der Steuerfreibetrag wurde auf umgerechnet 13.500 Euro angehoben, eine deutliche Steigerung gegenüber der bisherigen Grenze von rund 8.000 Euro. Dies bedeutet für viele Haushalte spürbar mehr finanziellen Spielraum.

Besonders hart traf die Inder die anhaltend hohe Inflation, insbesondere bei Lebensmitteln. Die Verbraucherpreise stiegen zuletzt um 5,2 Prozent, bei Lebensmitteln lag die Teuerungsrate sogar bei 8,4 Prozent. Besonders betroffen sind Gemüsepreise mit einem Anstieg von 26,6 Prozent im Jahresvergleich. Dadurch schrumpfte die Kaufkraft der Haushalte, was sich negativ auf den privaten Konsum auswirkte.

Regierung setzt auf Konsumenten (und Landwirtschaft)

Die indische Wirtschaft basiert, genauso wie die amerikanische, auf Konsum – und nicht auf Export wie Österreich, Deutschland, Japan, Korea oder China. Auf diese Stärke soll also auch das weitere Wachstum in Indien fußen.

Neben Steuererleichterungen sieht der Haushaltsplan gezielte Förderungen für die Landwirtschaft vor. Ein nationales Programm zur Steigerung der Agrarproduktivität soll helfen, Engpässe zu reduzieren und die Inflation in den Griff zu bekommen.

Gegen den Strom: Zölle sollen gesenkt werden

Auch die indische Industrie soll gestärkt werden, insbesondere die Elektronikbranche. Indien hat sich in den letzten Jahren als globaler Produktionsstandort etabliert und gehört mittlerweile zu den führenden Herstellern von Mobiltelefonen. Apple hat bereits einen großen Teil seiner iPhone-Produktion von China nach Indien verlagert. Um diese Entwicklung weiter zu unterstützen, plant die Regierung eine Senkung von Importzöllen auf zentrale Smartphone-Komponenten.

Herausforderung Arbeitsmarkt

Trotz der geplanten wirtschaftlichen Impulse bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt eine der größten Herausforderungen. Jährlich müssen etwa acht Millionen neue Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft geschaffen werden, um die wachsende Erwerbsbevölkerung zu beschäftigen. Premierminister Modi setzt dabei auf eine Stärkung der Produktion und Exportindustrien. Allerdings liegt der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Wirtschaftsleistung weiterhin bei nur 17 Prozent – weit entfernt vom langfristigen Ziel von 25 Prozent.

Indiens Aktienmarkt reagierte zwiegespalten auf den neuen Budgetentwurf: Während Konsumgüterhersteller von der Steuerreform profitierten, reagierten Infrastrukturwerte mit Enttäuschung auf die nur moderat erhöhten Investitionsausgaben.

Fazit: Mehr Geld in den Taschen der Mittelschicht

Indiens Regierung setzt mit dem aktuellen Haushaltsplan vor allem auf die Stärkung der Inlandsnachfrage, um das Wirtschaftswachstum zu stützen. Steuererleichterungen für die Mittelschicht, gezielte Investitionen in Landwirtschaft und Industrie sowie eine moderate Erhöhung der Infrastrukturinvestitionen sollen die Konjunktur beleben. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um Indiens ambitionierte Wachstumsziele zu erreichen, bleibt jedoch abzuwarten.

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Autor: Wolfgang Bergthaler
Wolfgang Bergthaler ist seit 2004 mit Indien beruflich und privat eng verbunden. Als Entrepreneur, Berater und Blogger hat er Land und Wirtschaft von den spannendsten Perspektiven kennen gelernt. Auf "Indische Wirtschaft" teilt er seine Erfahrungen, insbesondere zu den Themen Markt, Technologie, IT, Personal und Vertrieb.